Datenschutz im Mietverhältnis

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Der Datenschutzwahnsinn hat inzwischen alle erfasst: Vermieter, Dienstleister, Entwickler von Makler- oder Hausverwaltungssoftware, Webseitenentwickler, Handwerker und natürlich Makler und Hausverwaltungen. Trotz unzähliger Schulungen und Webseiten scheint keiner so recht zu wissen, was er alles machen muß und was er lassen kann. Aus purer Vorsorge werden wir mit Aufklärungsschreiben eingedeckt, pikanterweise vorwiegend per unverschlüsselter email, die wir unterzeichnen und zurücksenden sollen. Wenn man sich das alles durchlesen würde, käme man zu nichts anderem mehr.

So ist es tatsächlich teilweise auch. Die Unternehmen sind damit beschäftigt zu versuchen, die Anforderungen zu verstehen, und dann zu erfüllen. Das erfordert Personaleinsatz, also Mitarbeiterzeit. Die steht dann nicht für andere Dinge zur Verfügung. Also bleibt die eigentliche Arbeit liegen. Das kann man auch nicht ändern, weil der 25. Mai 2018 = Inkrafttreten der DSGVO nicht verschiebbar ist. Also hat nicht die Arbeit Priorität, sondern die Bürokratie. Bei einem Blick auf unsere Mandanten-Unternehmen haben wir mitunter den Eindruck, daß es der Politik tatsächlich gelungen ist, die Wirtschaft derzeit effektiv lahm zu legen, zumindest den Mittelstand. Das deutsche Wirtschaftswachstum hat sich im ersten Quartal 2018 gegenüber dem Vorquartal auf eine Rate von +0,3 Prozent halbiert (siehe hier). Das kann man auf Feiertage schieben oder auf die Grippewelle – oder man kann vermuten, daß das vielleicht mit einem aktuellen Bürokratieaufwand in einem bislang unbekannten Ausmaß zusammenhängt.

Ein Beispiel: um wie gefordert auf dem Stand der Technik sicher zu kommunizieren, muß man wohl seine email-Kommunikation künftig verschlüsseln. Damit das geht, braucht man für jeden Empfänger ein persönliches Zertifikat (siehe bspw. hier). Wo soll ich denn ein Zertifikat eines Mieters herbekommen, der mir eine email schreibt, um auf irgendeine Kommunikation zu antworten? Im Grunde darf ich darauf nicht antworten, sondern muß einen Brief schreiben, in dem es um den Austausch von Schlüsseln geht, so daß wir hinterher emailen können, wobei ich ihn zugleich noch darüber aufklären muß, daß und welche Daten von ihm ich erhebe, wie lange ich sie wofür speichere, und was ich damit mache, ferner seine ganzen Datenschutzrechte über Auskunft, Löschung und so weiter. Das ist doch absurd! Wenn man dieser Tage auf eine email keine Antwort mehr erhält, dann kann es sein, daß dem Empfänger der Aufwand oder das Risiko der Antwort und der Vorkehrungen für diese einfach zu hoch war oder weil er einfach nicht rechtssicher überblicken kann, was er jetzt noch darf und was nicht, und sich dann für den sicheren Weg entscheidet, einfach nicht zu reagieren, denn das ist am wenigsten falsch.

Tatsächlich schicken aktuell alle möglichen Leute Zertifikate und Schlüsseldaten durchs Internet, um noch vor dem 25. Mai – solange es noch unverschlüsselt geht – möglichst umfangreich ihre email-Programme aufzustocken. Damit die Empfänger solcher emails das beantworten können, brauchen sie freilich ebenfalls ein Zertifikat. Die wenigsten haben eins oder haben sich damit befasst, wo sie eins herbekommen. Außerdem löst das nicht das Problem der künftigen Kommunikation mit heute noch unbekannten Personen. Das ist sicher lösbar, aber nicht von dem Anwalt, der eigentlich Schriftsätze zum Mietrecht verfasst, oder seiner Sekretärin. Man braucht externe Leute dafür. Mit denen muß man aber vorher datenschutzkonforme Vereinbarungen schließen.

Der „Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit“ hat unterdessen eine Informationsbroschüre herausgegeben mit der Überschrift „Meine Privatsphäre als Mieter“. Darin werden die Leute darüber aufgeklärt, daß sie auf „unzulässige Fragen“ des Vermieters lügen dürfen, ohne daß es Konsequenzen hat (Seite 5). Was an Fragen zulässig ist, sagt uns die Broschüre nicht abschließend, sondern zieht sich darauf zurück, daß das von den Umständen des Einzelfalls abhängt und davon, wann gefragt wird. Andererseits wird in der Broschüre auch darüber aufgeklärt, welche Daten der Vermieter im Laufe des Mietverhältnisses erheben darf – als Vermieter sollte man das einmal durchlesen oder griffbereit ablegen, im Einzelfall kann das als Orientierung ganz nützlich sein. Am Ende der Broschüre wird der Mieter aufgeklärt, welche Auskunfts- und Einsichtsrechte er hat und wo er sich beschweren kann. Interessant wird es, wenn Mieter bei Vertragsende Löschung aller ihrer Daten verlangen. Darf man dann als Vermieter noch die Kontonummer kennen, um Rückstände zu vollstrecken? Wie lange muß man die Vormiete speichern und die Nachweise, daß diese zulässig war? Was ist mit der Verzugsadresse des Exmieters? Was ist mit Daten von Dritten, die ich nicht von diesen bekomme (z.B. über Untermieter)? Solche Fragen werden uns aktuell täglich gestellt.

Die Datenschutzkonferenz hat auch ihre „Orientierungshilfe zur Einholung von Selbstauskünften bei Mietinteressentinnen“ aktualisiert. Sie unterscheidet weiterhin in drei verschiedene Vertragsanbahnungsphasen und die dort jeweils zulässigen Datenerhebungen. Als Vermieter müssen Sie das kennen, als Makler auch. Andernfalls riskieren Sie, zu früh bestimmte Daten zu erheben, die Sie zwar brauchen, aber nicht haben dürfen.

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