CO2-Klausel im Mietvertrag

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CO2-Preis

Die aktuelle Bundesregierung plant, die Umlage von Nebenkosten (Heizkosten) auf den Mieter betreffend den CO2-Preis anteilig auszuschließen. Dadurch zwingt der Gesetzgeber den Vermieter, diese Kosten aus der Nettokaltmiete zu bezahlen, also eine Nettokaltmiete in einer Höhe zu vereinbaren, die diese Kosten mit abdeckt. Da die Kosten einerseits vom Heizverhalten des Mieters und andererseits von der Preisentwicklung abhängig sind, also variabel, läßt sich eine fixe Kostenhöhe nicht ermitteln und auch nicht für die Zukunft schätzen. Eine starre zusätzliche Nettokalt-Mietzinsvereinbarung ist deshalb nicht möglich. Nach Presseverlautbarungen soll es sich anfangs um nicht mehr als 30 Euro im Jahr handeln.

Vermieter und Mieter vereinbaren hiermit zusätzlich zur Nettokaltmiete nach § 4 des Mietvertrags, daß der Mieter als Nettokaltmiete denjenigen Teil der CO2-Kosten zu entrichten hat, den der Vermieter nicht als Betriebskosten auf den Mieter umlegen kann. Da die Höhe dieser Nettokaltmiete unbekannt ist und fortlaufend variieren wird, vereinbaren die Parteien, daß die Zahlung jeweils nach Abrechnung der anteiligen CO2-Kosten durch den Vermieter fällig ist, bspw. zusammen mit dem Ausgleich der Nebenkostenabrechnung für das betreffende Jahr.

Die vorstehend vereinbarte CO2-Nettokaltmiete bleibt sowohl bei einer etwa vereinbarten Staffel als auch bei einer etwa vereinbarten Indexmietvereinbarung unberücksichtigt, d.h. sie tangiert diese nicht, sondern beläuft sich ausschließlich auf die Höhe der nicht umlegbaren Kosten wie vorstehend geregelt.

Kalkulation einer Gesamtmiete

Die vorstehende Mietvertragsklausel ist ein erster Versuch, die vom Gesetzgeber geplante Änderung der Umlagefähigkeit der Heizkosten betreffend die darin enthaltenen CO2-Kosten mietrechtlich zu handhaben. Die Gründe für Struktur und Inhalt ergeben sich aus dem folgenden.

Typischerweise setzt sich die monatliche Miete aus zwei Teilen zusammen: 1. der eigentlichen Miete (= „Nettokaltmiete“) und 2. den für den Vermieter durchlaufenden Kosten (= „Nebenkostenvorauszahlung“). Letzteres sind die Kosten, die dem Vermieter durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen (§ 1 BetrKVO), also zum Beispiel der Wasserverbrauch, die Heizkosten, aber auch die Versicherung des Gebäudes oder die Müllabfuhr.

Es gibt ein paar Kosten, die nicht als Betriebskosten zählen. Das sind mietrechtlich betrachtet einerseits die Verwaltungskosten und andererseits Reparaturen und Instandhaltung. Im übrigen sind es Kosten für den Erwerb des Eigentums, also zum Beispiel Bankzinsen für den Ankaufskredit. Diese muß der Vermieter aus der Nettokaltmiete mit bezahlen. Die Verwaltungs- und Finanzierungskosten sind typischerweise fix, Reparaturen sind demgegenüber nicht so recht vorhersehbar. Um sie zu kalkulieren, plant man mit einer fortlaufenden monatlichen Instandhaltungsrücklage in fixer Höhe, und aus diesen Rücklagen bezahlt man dann, was an Reparaturen so anfällt.

Damit sind alle Posten für den Vermieter definiert. Er erhält eine Nettokaltmiete, aus der er fixe Beträge für Finanzierung, Verwaltung und Instandhaltungsrücklage zahlen muß. Wenn danach von der Nettokaltmiete noch etwas übrig bleibt, ist das seine Rendite (und wenn er draufzahlt seine Negativrendite). Des weiteren erhält der Vermieter eine Nebenkostenvorauszahlung, die die laufenden Kosten für den Betrieb des Gebäudes betrifft. Über diese wird jährlich abgerechnet, so daß der Mieter nur zahlt, was an Kosten anfiel. Für den Vermieter ist das ein durchlaufender Posten, von dem er nichts hat, der ihn theoretisch aber auch nichts kostet, so daß er hier keine Querfinanzierung aus der Nettokaltmiete betreiben muß.

systemfremder Ansatz: anteilige CO2-Umlage auf den Vermieter

Der Bundesgesetzgeber hat zum 01.01.2021 eine CO2-Steuer eingeführt, die fortlaufend steigen soll. Die Begründung lautete, daß eine Verschmutzung der Atmosphäre mit CO2 Geld kosten muß, um ein Verhalten zu befördern, das dies vermeidet. Es soll den Verbraucher also z.B. Geld kosten, wenn er mehr heizt, als er müßte. Natürlich zahlt der Verbraucher dann schon mehr Geld, weil er für diese zusätzliche Heizleistung ja mehr Gas oder Öl oder Fernwärme oder Strom verbraucht, als wenn er weniger verbrauchen würde. Der CO2-Preis soll Energie aber zusätzlich verteuern, um die Hürde weiter zu erhöhen.

Die aktuelle Regierungskoalition beabsichtigt, weil das teuer ist, die Mieter zu entlasten und die Hälfte oder einen an der energetischen Qualität des Gebäudes orientierten Anteil der CO2-Kosten dem Vermieter aufzuerlegen. Rechtstechnisch bedeutet das, diese CO2-Kosten von der Betriebskostenumlage auszunehmen. Die Begründung lautet, daß der Vermieter sein Haus modernisieren kann und dann die Heizkosten sinken, dann muß er auch weniger CO2-Umlage zahlen. Daß der mit der CO2-Umlage gesetzte Anreiz an die Mieter, weniger zu heizen, dadurch entsprechend reduziert wird, ist eine andere Frage. Vorliegend soll es darum gehen, wie das mietrechtlich zu behandeln ist.

Der Sache nach handelt es sich bei den CO2-Kosten um Betriebskosten. Denn ohne den Betrieb des Gebäudes würden sie nicht entstehen. Diese Kosten sind variabel, weil sie einerseits vom Mieterverhalten und den Witterungsbedingungen, andererseits von der sich verändernden Höhe des CO2-Preises abhängen. Die Nichtumlagefähigkeit zwingt den Vermieter nun, diesen variablen Kostenteil über die Nettokaltmiete abzudecken.

Das ist, wie wir oben gesehen haben, systemfremd. Denn die bisherigen Anteile der Nettokaltmiete sind fix oder können jedenfalls als fix gehandhabt werden. Sie hängen nicht vom Mieterverhalten ab und ihre Höhe ist nicht jedes Jahr anders. Da der Vermieter nicht an den Kreditraten oder an der Verwaltung oder an der Instandhaltung sparen kann, fragt sich, wie er diese variablen Kosten künftig über die Nettokaltmiete abdecken kann. Mit einem fixen Anteil wird das der Natur dieser Position gemäß nicht möglich sein.

Das bedeutet, daß wir einen neuen dritten Mietanteil brauchen: eine variable Nettokaltmiete.

Kann das in bestehenden Verträgen eingeführt werden?

Das ist eine gute Frage. Bisher gab es keine verbrauchsabhängige Betriebskostenposition, die aus der Nettokaltmiete heraus bezahlt werden muß. Bei Vertragsabschluß konnten die Parteien nicht vorhersehen, daß so etwas einmal eingeführt werden und das bisherige System der Mietkalkulation sprengen würde. Für solche Sachverhalte ist § 313 BGB da: haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden. Wir müssen also beurteilen, ob die Einführung der Anlastung von CO2-Kosten beim Vermieter eine „schwerwiegende Veränderung“ ist.

Ich meine: ganz eindeutig ja. Denn die Mieten sind heutzutage so knapp kalkuliert, daß jede zusätzliche ungewollte Belastung die Sinnhaftigkeit weiterer Vermietung hinterfragt. Nehmen wir mal an, der Bankkredit kostet nur 1% und wäre für alle Ewigkeit fix. Nehmen wir zusätzlich an, die Tilgung kostet nur 2%, was so niedrig ist, daß die Banken und Finanzierungsvermittler ihren Kunden davon abraten, so gering zu tilgen. Nehmen wir schließlich an, Verwaltung und Instandhaltung kosten auch nur 1%. Dann sind das zusammen 4%. Eine Miete von 10 Euro/qm erlaubt dann einen Kaufpreis für die Wohnung von 2.500 Euro/qm. Wenn der Eigentümer mehr als 2.500 Euro/qm bezahlt hat, zahlt er drauf. Im Durchschnitt liegen die Kaufpreise in Berlin derzeit bei 5.270 Euro (siehe hier). Das bedeutet, daß die Berliner Mieten im Durchschnitt entweder mehr als 20 Euro nettokalt/qm betragen (was nicht der Fall ist) oder daß die Eigentümer im Durchschnitt schon heute draufzahlen. Also ja, eine Mehrbelastung des Vermieters damit, vom Mieterverbrauch abhängige weitere Kosten zu tragen, ist schwerwiegend und stellt den Sinn der weiteren Vermietung generell infrage.

Wenn wir die Voraussetzungen des § 313 BGB bejahen und somit eine Vertragsanpassung verlangt werden kann, stellt sich die Frage, welchen Inhalt diese haben könnte. Der Problemstellung entsprechend dürfte das darauf hinauslaufen, eine variable zusätzliche Nettokaltmiete zu vereinbaren, und zwar in Höhe der nicht umlegbaren CO2-Kosten.

Wie verträgt sich eine zusätzliche variable Nettokaltmiete mit der bisherigen ortsüblichen Vergleichsmiete?

Das bisherige Mietniveau enthält (in der Gesamtmiete) eine Umlage der CO2-Kosten, nämlich aktuell über die Betriebskosten. Wird dieser Betriebskostenanteil ausgegliedert, führt die separate Einführung einer variablen Nettokaltmiete in dieser Höhe nicht zu einer Mehrbelastung. Die aktuelle Nettokaltmiete enthält keine CO2-Kosten, da diese ja in den Betriebskosten enthalten sind. Bei Einführung einer variablen CO2-Miete ändert sich daran ebenfalls nichts.

Das bedeutet zugleich, daß auch bei Neuvermietung und Einwertung in die Mietpreisbremse das bisherige Preisniveau plus die neue CO2-Miete angesetzt werden können, ohne die bisherige ortsübliche Vergleichsmiete zu übersteigen.

Vertragsklausel

Ob die eingangs versuchte Mietvertragsklausel funktioniert oder nicht, ist ungewiss.

Natürlich handelt es sich hierbei nur um einen ersten Vorschlag. Daß er auf eine Rechtslage abzielt, die es noch nicht gibt, beinhaltet naturgemäß Unsicherheiten. Auch ist unklar, wie haltbar das in der Praxis am Ende sein wird. Das heißt, ich übernehme für die Wirksamkeit und Brauchbarkeit dieses Formulierungsvorschlags keine Haftung. Wer eine andere und vielleicht bessere Lösung hat, möge sie vorbringen.

Wenn eine variable Nettokaltmietvereinbarung nicht möglich sein sollte, würde das den Vermieter zwingen, diese Kosten anteilig in die starre Nettokaltmietvereinbarung mit aufzunehmen. Diese müßte dann freilich in einer Höhe angelegt sein, daß sie nicht nur die aktuellen CO2-Preise, sondern auch die künftigen Entwicklungen selbiger hinreichend abbildet. Denn andernfalls würde rein mathematisch die Rendite automatisch im Zeitablauf geringer, ohne das irgendwie verhindern zu können. Das wiederum dürfte verfassungsrechtlich problematisch sein, wieder einmal. Andererseits darf die Nettokaltmiete nicht nach den übrigen Regeln unzulässig sein, also gegen eine etwaige Mietpreisbremse oder das WiStraG verstoßen. Schließlich darf die Mietengesetzgebung nicht darauf hinauslaufen, daß ein Eigentümer keinen Ertrag mit seinem Eigentum mehr erzielen kann.

Das alles miteinander in Einklang zu bringen dürfte ohne variable Nettokaltmietvereinbarung schwierig werden.