Die GbR als Immobilienverkäufer (Teil 2)

Veröffentlicht von

Warum ist die notarielle Abwicklung trotz geänderter Gesetzeslage problematisch?

Daß die in Teil 1 erörterten §§ 899a BGB, 47 Abs. 2 GBO das zugrunde liegende schuldrechtliche Rechtsgeschäft, d.h. den Kaufvertrag, nicht erfassen, sondern nur die dingliche Abwicklung betreffen, ist für die Praxis von entscheidender Bedeutung. Ich möchte das an einem Beispiel erläutern:

  • Im Grundbuch sind A, B und C als Gesellschafter einer Eigentümer-GbR eingetragen. Die Eigentümer-GbR trägt den Namen des Objekts, etwa „Müllerstraße 5 GbR“.
  • Tatsächlich hat C seinen Gesellschaftsanteil vor kurzem an einen Geschäftspartner G abgetreten. A und B wissen davon nichts und C sagt das auch nicht dem Notar.
  • Nunmehr schließen die drei für die GbR einen Kaufvertrag mit D. In dem Kaufvertrag einigt man sich über einen Kaufpreis von 3 Mio Euro. Es wird eine Vormerkung für D bestellt und der Notar beauftragt, die Eigentumsumschreibung herbeizuführen, nachdem der Kaufpreis gezahlt ist.
  • Der Notar trägt die Vormerkung in das Grundbuch ein und besorgt alle weiteren Dokumente, die für die Umschreibung relevant sind. Als er meint, daß alles vorliegt, teilt er D mit, daß der Kaufpreis fällig ist. D zahlt an die GbR.
  • Am Tag des Eingangs des Kaufpreises auf dem GbR-Konto greift sich C das Geld und verschwindet. Sein Geschäftspartner G meldet sich beim Grundbuchamt und legt einen Vertrag vor, mit dem der GbR-Anteil von C an ihn abgetreten wurde. Er läßt einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eintragen und beantragt, das Grundbuch dahingehend zu berichtigen, daß an Stelle des C nunmehr er Mitgesellschafter der Eigentümer-GbR ist. Parallel fordert er den Notar auf, die Eigentumsumschreibung nicht zu beantragen, weil die GbR in Wahrheit nicht verkauft habe, denn dazu hätte er mitwirken müssen.

In dieser Konstellation hilft die eingetragene Vormerkung dem D nicht. Denn diese ist streng akzessorisch, was bedeutet, daß sie nur existiert, wenn auch ein Anspruch existiert. Schuldrechtlich hat D aber keinen Anspruch gegen die Eigentümer-GbR, weil er von dieser nicht wirksam gekauft hat. Denn dazu hätte G als wahrer Gesellschafter mitwirken müssen. D kann den gezahlten Kaufpreis rückfordern und hat ggf. auch Schadensersatzansprüche. Er kann aber nicht die Eigentumsumschreibung erreichen und auch nicht verhindern, daß A, B und G das Objekt an jemand anderen verkaufen (und dann vielleicht der nächste verschwindet, und so weiter).

Umgekehrt ist das auch auf Verkäuferseite nicht unproblematisch. Wandeln wir den Fall etwas ab:

  • Den Gesellschaftsanteil hat der Geschäftspartner G nicht geschenkt bekommen, sondern dem C 1 Mio Euro noch am Morgen dafür bezahlt. Von dem Verkauf an D am Nachmittag bekommt er nichts mit. Nachdem D den Kaufpreis an die GbR gezahlt hat, beantragt der Notar Eigentumsumschreibung im Grundbuch, welche sodann auch erfolgt.
  • A, B und C verschwinden mit dem Geld, D ist Eigentümer, er hat – da die Eigentumsumschreibung stattfand und seine Verkäufer als Gesellschafter im Grundbuch eingetragen waren – gutgläubig erworben. Nur G ist sowohl das Eigentum als auch sein Geld los.

Abgesehen von den wirtschaftlichen Fragen hat die Rückabwicklung bzw. haben die wechselseitigen Ansprüche – gesetzt niemand von den Beteiligten verschwindet – eine gewisse rechtliche Komplexität. Ob der Veräußernde tatsächlich Eigentümer ist, bleibt für die Wirksamkeit der schuldrechtlichen Vereinbarungen ohne Relevanz. Übereignet ein Nichtberechtigter – hier A, B und C – die Immobilie und ist das für den Berechtigten – hier die GbR mit G als Mitgesellschafter – infolge der Grundbuchumschreibung wirksam, hat letzterer nach § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe dessen, was der Nichtberechtigte erlangt hat (also den Kaufpreis). Angenommen, G bekäme seinen Anteil an diesem, hätte er zumindest eine wirtschaftliche Kompensation.

In der Literatur wird diskutiert, ob man § 899a BGB auch auf die schuldrechtliche Ebene ausdehnen sollte, damit nicht die Eigentumsübertragung ihrerseits kondizierbar wäre. Es gibt Gründe dafür und Gründe dagegen, die Kommentarliteratur ist entsprechend umfangreich und die Erwägungen, warum sie auch dann nicht kondizierbar ist, wenn man den Anwendungsbereich nicht ausdehnt, sind ebenfalls komplex.

Wie läßt sich das in der notariellen Praxis lösen?

Wenn vor mir Beteiligte sitzen, die (als GbR) verkaufen und (als Erwerber) kaufen wollen, kann ich als Notar schlecht empfehlen, so lange zu warten, bis die Gerichte obige Probleme geklärt haben. Statt dessen muß ich 1) auf die Risiken hinweisen und 2) eine Lösung anbieten. Zum Glück gibt es eine bewährte Methode, die man vorschlagen kann.

Die erste Aufgabe ist, den Abschluß eines wirksamen Kaufvertrags sicherzustellen, damit die in das Grundbuch einzutragende Vormerkung eine Rechtsgrundlage hat. Da ich das auf Ebene der GbR nicht sicherstellen kann, empfiehlt es sich, die einzelnen Gesellschafter mitzuverpflichten. Es ist unproblematisch, daß den Gesellschaftern die Immobilie nicht gehört, sondern nur ein Gesellschaftsanteil. Man kann etwas wirksam verkaufen, das einem nicht gehört. Man kann dann eben nur nicht liefern. Der Kaufvertrag als solcher ist aber dennoch wirksam. Der Anspruch aus diesem Kaufvertrag wird durch die im Grundbuch einzutragende Vormerkung wirksam abgesichert.

Die zweite Aufgabe ist, die Abwicklung sicherzustellen. Hierzu empfehle ich den Zahlungsfluss über ein von mir einzurichtendes Notaranderkonto. Wenn die Vormerkung in das Grundbuch eingetragen ist und die übrigen Fälligkeitsvoraussetzungen vorliegen, zahlt der Käufer also nicht direkt an den Verkäufer, sondern an mich auf ein Anderkonto. Wenn das Geld da ist, veranlasse ich als Notar beim Grundbuchamt die Eigentumsumschreibung. Wenn diese stattgefunden hat, hat der Käufer Eigentum erworben, entweder weil seine Geschäftspartner die GbR tatsächlich vertreten konnten, oder kraft gutgläubigen Erwerbs, weil sie jedenfalls als GbR-Gesellschafter – wenn auch mglw. unzutreffend – im Grundbuch eingetragen waren. Nachdem mir die Nachricht des Grundbuchamts über die erfolgte Eigentumsumschreibung vorliegt, zahle ich den Kaufpreis vom Anderkonto an die Verkäufer-GbR aus, nicht vorher.

Was ich in dieser Konstellation als Notar nicht erfahre und nicht absichern kann, sind etwaige Interessen eines G, wenn dieser sich nicht bei mir oder dem Grundbuchamt meldet. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß ein G einem C die 1 Mio Euro im Beispiel zahlt, bevor die Grundbuchberichtigung auf ihn stattgefunden hat, aber sollte doch ein G ungesichert einen Kaufpreis für einen GbR-Gesellschaftsanteil gezahlt haben, dann hätte er nach Abwicklung des Immobilienkaufvertrags durch mich ein Problem. Meine Aufgabe als Notar war aber nicht, unbekannte Interessen unbekannter Dritter zu schützen, sondern den mir angetragenen Kaufvertrag sicher durchzuführen. Das ist mit obigen beiden Strategien möglich.

Kann man als GbR auch ohne Notaranderkonto verkaufen?

Ja, wenn der Käufer einverstanden ist. Daß Risiken bestehen, heißt ja nicht, daß man sie nicht dennoch eingehen kann. Welchen Vertrag die Beteiligten letztlich miteinander schließen wollen, entscheiden sie selbst, nicht der Notar.

In diesem Fall besteht meine Aufgabe darin, die Beteiligten über die Risiken aufzuklären und alternative Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, mit denen die Risiken vermieden werden. Dieser Risikohinweis muß in den Kaufvertrag aufgenommen werden. Wenn die Beteiligten dennoch ungesichert miteinander kontrahieren möchten, können sie das dann tun.

Mir wurde von Käufern mitunter die Sorge kommuniziert, daß die Existenz eines solchen Risikohinweises die Möglichkeit beeinträchtigen könnte, den Kauf durch ein Bankdarlehen zu finanzieren. Diese Sorge kann ich aus meiner bisherigen Praxis nicht bestätigen. Aus Banksicht ist eher relevant, daß die Finanzierungsgrundschuld in das Grundbuch eingetragen ist, bevor der Kaufpreis ausgezahlt wird.

Inwieweit eine GbR als Grundbucheigentümer die Beleihung des Objekts tangiert, bearbeite ich in einem separaten Beitrag.