Der Wert eines Pkw-Stellplatzes nach dem Berliner Mietspiegel 2017

Veröffentlicht von

1. Allgemeines zur Handhabung des Mietspiegels

Die Berechnung der sogenannten ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem Berliner Mietspiegel beruht auf diversen Kriterien. Zum einen kommt es auf Faktoren an, die leicht identifizierbar sind, etwa die Größe der Wohnung oder das Jahr, in welchem das Gebäude bezugsfertig wurde. Dann gibt es Faktoren, die in ihren konkreten Abgrenzungen nicht mehr so einfach sind, wie etwa die Wohnlage. Diese unterscheidet sich in in Berlin in eine einfache, eine mittlere und eine gute. Die Wohnlageneinstufung spiegelt die besonderen Gegebenheiten des weiteren Wohnumfelds im Vergleich mit anderen Bereichen innerhalb der Stadtgrenzen Berlins wider. Es sind also sämtliche Adressen bewertet und wohnlagen-kartographiert. Diese Wohnlagenkarte kann jedermann im Internet einsehen oder sich über das jeweilige Bezirksamt oder die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen informieren.

Aus den drei Faktoren Wohnlage, Wohngröße und Bauzeitaltersklasse des Gebäudes (bzw. bei späteren Aufstockungen oder Ausbauten die Baualtersklasse der betreffenden Wohnung) ergibt sich ein sogenanntes Mietspiegelfeld, das einen Unter-, einen Mittel- und einen Oberwert aufweist. Diese Werte sind statistisch ermittelt und repräsentieren die Quadratmetermietpreise, die durchschnittlich in vergleichbaren Wohnungen in den letzten 4 Jahren vereinbart wurden.

Ob sich die Miete für die konkrete Wohnung nun aber eher am Unter-, Mittel- oder Oberwert zu orientieren hat, muss in einem weiteren Schritt berechnet werden. Hierzu gibt es im Mietspiegel fünf Merkmalgruppen (Bad, Küche, Wohnung, Gebäude, Wohnumfeld), die jeweils wohnwerterhöhende und wohnwertmindernde Merkmale ausweisen. Aus diesen ist ein Saldo zu bilden, so dass letzten Endes jede der fünf Merkmalgruppen negativ, neutral oder positiv bewertet wird. Sind alle fünf Gruppen negativ, ergibt sich der Unterwert des Mietspiegelfeldes. Sind hingegen alle positiv, so ist der Oberwert anzusetzen. Der Mittelwert ist – wenig überraschend – dann der Vergleichswert, wenn die Merkmalgruppen im Saldo neutral sind.

In jedem neuen Mietspiegel gibt es kleine Abweichungen von den vorhergegangenen Merkmalen. Manchmal fallen Merkmale weg, manchmal werden sie nur teilweise im Wortlaut geändert, gelegentlich kommen ganz neue Merkmale hinzu. Je nachdem, was die Mietspiegelkommission für richtig und wichtig erachtet.

Immer wieder tauchen hierbei Merkmale auf, die in der Praxis kompliziert, ungenau formuliert oder auslegungsbedürftig sind oder die zu Beweisproblemen führen. In den letzten Mietspiegeln bis einschließlich dem Berliner Mietspiegel 2015 war etwa die „gepflegte, nur den Mietern zugängliche Müllstandfläche mit sichtbegrenzender Gestaltung“ ein wohnwerterhöhendes Merkmal in der Merkmalgruppe 5. Wohnwertmindernd hingegen sollte eine „offene, ungepflegte Müllstandfläche“ sein.

Man kann sich vermutlich vorstellen, wie das im Gerichtsverfahren aussah. Eine Partei legt Fotos von dem Tag vor, an dem ein Mieter seinen Sperrmüll auf der Müllstandfläche abgestellt hat oder Fotos, die nach Feiertagen aufgenommen wurden und zeigen, wie sämtliche Mülltonnen überquellen. Die andere Partei legt Fotos vor, die der Hauswart gefertigt hat, gleich nachdem die Müllabfuhr da war und der Hauswart gefegt hatte. Die einen Fotos wären – wenn sie nicht bestritten würden – der Beweis für das Negativmerkmal, die anderen für das Positivmerkmal. Hieraus nun also sollte der Richter beurteilen, wie es um die Müllstandfläche bestellt sei. Das ist faktisch kaum möglich, da eine Momentaufnahme natürlich nicht den Dauerzustand wiederspiegelt. Die Inaugenscheinnahme durch das Gericht ändert daran nichts, da auch ein Ortstermin stets nur eine Momentaufnahme liefern kann. Notwendig war also, wenn man es genau machen wollte oder Lust hatte, die Anwälte zu quälen, zusätzlich die Vernehmung von Zeugen und Gegenzeugen, was den Aufwand letzten Endes überproportionierte.

Nun ist mit dem Berliner Mietspiegel 2017 dieses Merkmal dankenswerterweise entfallen und der Streit über Müllstandflächen zumindest in diesem Zusammenhang Geschichte. Wie sich jedoch immer mehr abzeichnet, ist dafür eine Neuformulierung in der Merkmalgruppe 5 zum Streitpunkt geworden.

2. Ist ein kostenpflichtiger Stellplatz auch wohnwerterhöhend?

Nunmehr soll wohnwerterhöhend wirken ein „vom Vermieter zur Verfügung gestelltes Pkw-Parkplatzangebot in der Nähe“. Im Mietspiegel 2015 war ein ähnliches Merkmal in der Merkmalgruppe Gebäude verankert, nämlich „der/die zur Wohnung gehörende Stellplatz/Garage ohne zusätzliches Entgelt“. Mit der alten Formulierung war die Sache klar geregelt: ein Stellplatz, der zur Wohnung gehörte und kostenlos war. Die Neuformulierung ist sprachlich demgegenüber außerordentlich unklar und liefert damit Konfliktpotential. Klar ist nur, daß es wohl ein anderer Inhalt sein wird als vorher, sonst hätte man die alte Formulierung beibehalten können. Welcher andere Inhalt es genau ist, das muß erst noch entschieden werden.

Hinsichtlich der ersten Abweichung kommt es seltener zum Streit. Der Stellplatz/die Garage muss nun nicht mehr zur Wohnung gehören, also nicht im Mietvertrag stehen oder einem konkreten Mieter dauerhaft zugewiesen sein. Es genügt vielmehr ein vorhandenes Stellplatzangebot, dass von Mieterseite grundsätzlich genutzt werden kann. Das setzt nicht voraus, dass dem Mieter ein konkreter Stellplatz zugewiesen wird oder ein solcher bereits vertraglich mitvermietet wurde.

Umstritten ist jedoch, wie sich der Wegfall der Formulierung „ohne zusätzliches Entgelt“ auswirkt. In der Praxis sind mir drei verschiedene Auffassungen begegnet. Die Vertreter der ersten meinen, daß die Kostenlosigkeit des Stellplatzangebots immer noch Teil des wohnwerterhöhenden Merkmals sei. Zur Begründung führen sie an, der Wortlaut „zur Verfügung gestellt“ könne nur so verstanden werden, dass es dem Mieter frei stehe, sich der Stellplätze jederzeit zu bedienen. Das könne nicht der Fall sein, wenn er einen Stellplatz gesondert anmieten müsse, weshalb das Merkmal nur bei kostenloser Nutzung einschlägig sein könne. Sofern der Vermieter eine zusätzliche Gebühr verlange, stelle er die Parkplätze eben nicht mehr „zur Verfügung“.

Die zweite Meinung, die mir nur sehr vereinzelt begegnet ist, möchte das Vorliegen des Positivmerkmals am Einzelfall festmachen. Wenn der Mieter vorher keinen Stellplatz innegehalten habe, so komme es auch jetzt nicht darauf an, ob er für einen Stellplatz extra zahlen müsse. Habe er jedoch früher einen kostenlosen Parkplatz genutzt und habe der Vermieter nunmehr Nutzungsgebühren neu eingeführt, so könne das wohnwerterhöhende Merkmal nicht zum Tragen kommen, da der Mieter gegenüber dem vorherigen Zustand schlechter gestellt wäre. Diese Meinung blendet aus, daß nicht der subjektive, sondern der objektive Mietwert einer Wohnung vom Mietspiegel beurteilt wird, die vertragliche Situation vorher/nachher also keine Rolle spielen kann.

Die dritte, nach meiner Ansicht zutreffende, Meinung geht davon aus, dass die Kostenlosigkeit des Stellplatzangebots nicht notwendig ist. Dafür spricht zunächst einmal der Wortlaut. Hieß es bis einschließlich des Mietspiegels 2015 noch „ohne zusätzliches Entgelt“, ist diese Formulierung nunmehr weggefallen. Es ist aber keineswegs so, dass die Mietspiegelkommission solche Formulierungen grundsätzlich gestrichen hätte. Beispielsweise bei wohnungsbezogenen Kaltwasserzähler in der Merkmalgruppe 3 oder dem Mietergarten in der Merkmalgruppe 5 ist die Kostenlosigkeit explizit weiterhin erwähnt. Bei den Stellplätzen nicht. Das kann nur bedeuten, dass sie eben nicht mehr Voraussetzung sein soll.

Das würde auch zu den tatsächlichen Umständen passen. In den vergangenen Jahren ist es – wenn man von den Randbezirken absieht – zunehmend schwerer geworden, einen Pkw-Stellplatz zu finden. Die deutlich gestiegene Zahl an Fahrzeugen, Parkraumbewirtschaftung, Parkverbotszonen u.ä. machen es vielerorts beinahe unmöglich, einen Pkw dauerhaft abzustellen. Wohnwerterhöhend wirkt es sich demnach aus, wenn der Vermieter ein Stellplatzangebot offeriert. Dem Mieter bleibt bei der Nutzung die tägliche, oft zeitintensive und nervenzehrende Suche nach einem Parkplatz erspart, wenn er dieses Angebot annimmt. Dasselbe gilt für den teils minutenlangen Fußweg vom und zum Fahrzeug, schlimmstenfalls noch Beladen mit Einkäufen. Dass hierfür vielleicht eine zusätzliche Gebühr anfällt, ändert nichts daran, dass dieser Stellplatz wohnwerterhöhend gegenüber allen Wohnungen in gleicher Lage und Größe wirkt, die dieses Merkmal nicht aufweisen.

Ohne ein solches Angebot kann man in der Innenstadt idR. keinen Stellplatz anmieten. Gelegentlich werden Stellplätze zum Kauf angeboten, aber wer beispielsweise einen Tiergaragenstellplatz in Charlottenburg kaufen möchte, sollte einen mittleren fünfstelligen Betrag parat haben. Denn eigener Parkplatz ist eben vielerorts zum Luxusgut geworden.

Zu guter Letzt spricht gegen die zwingende Kostenlosigkeit die Formulierung „Angebot“. Ein Angebot ist etwas, dass man annehmen oder ausschlagen kann. Über die Konditionen des Angebots gibt es keine Regelung. Ein Angebot muss insbesondere nichts Kostenfreies sein.

Die Meinungen der Amtsgerichte dieser Stadt gehen auseinander, eine Entscheidung des Landgerichts zu diesem Merkmal liegt noch nicht vor. Sie wird aber nötig sein. In diesem Punkt stimmen dann auch die verschiedenen Meinungen wieder überein. Ich habe kürzlich mit einer Richterin angeregt über dieses Problem diskutiert. Sie vertritt leider die erstere der oben erläuterten Auffassungen. Allerdings zeigte sie sich auch offen für meine Argumentation und kündigte an, sie werde – unabhängig davon, wie ihr Urteil nun ausfallen mag – jedenfalls für beide Seiten die Berufung zulassen, damit sich das Landgericht endlich mit diesem Problem befasst. Ob dessen Entscheidung dann allerdings noch vor dem Stichtag zum Mietspiegel 2019 (dem 01.09.2018) vorliegt, bleibt abzuwarten.

Buchhinweis

Die Rechtsprechung zu den Berliner Mietspiegeln der letzten 10 Jahre, sortiert nach den einzelnen Merkmalen der Spanneneinordnung, habe ich in dem im Grundeigentumsverlag erschienenen Handbuch zusammengestellt. Darin läßt sich nachlesen, welche Ausstattungen die Gerichte wie beurteilt haben – sozusagen ein Feintuning etwaig von Ihnen geplanter Maßnahmen.

Buchempfehlung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.