Gastbeitrag: Mietminderung wegen des Coronavirus? von Dr. Sascha Lambert

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Dieser Tage beschäftigt uns alle das Coronavirus mit seinen Auswirkungen. Das schließt auch rechtliche Überlegungen mit ein. Gerade Gewerbetreibende, die von den staatlich angeordneten Schließungen betroffen sind, fragen sich, ob sie für die Zeit der aufgebürdeten Schließung Miete entrichten müssen. Und auch Wohnraummieter sind verunsichert, ob sie die Miete mindern können, wenn der Nachbar in Quarantäne steckt und das Virus möglicherweise nebenan wohnt.

1. die Situation in der Gewerberaummiete

Hier sind zwei Ausgangsfälle voneinander zu unterscheiden, in denen die Nutzung der Gewerberäume durch das Coronavirus beeinträchtigt sein kann.

  • Im ersten Fall steht der Gewerbetreibende selbst unter staatlich angeordneter Quarantäne, weil er positiv auf das Virus getestet wurde oder im Verdacht steht, betroffen zu sein.
  • Im zweiten Fall ist der Gewerbetreibende von den Schutzmaßnahmen betroffen, wie es etwa zur Zeit in manchen Bundesländern hinsichtlich Clubs, Restaurants etc. angeordnet ist, wonach das Gewerbe für einen gewissen Zeitraum zu schließen ist.

In beiden Fällen führt eine öffentlich-rechtliche Maßnahmen dazu, dass der Gewerberaummieter daran gehindert wird, die von ihm gemieteten Räume zu nutzen.

Eine solche Einschränkung führt jedoch nicht zu einer Mietminderung. Eine Minderung der Miete tritt dann ein, wenn ein Mietmangel vorliegt. Das OLG Dresden (Beschluss vom 1. Juni 2017, 5 U 477/17, juris) führt zu der Frage, ob und wann eine öffentlich-rechtliche Einschränkungen des Gebrauchs einer Mietsache einen Mangel der Mietsache darstellt klar aus:

„Zwar können öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder –hindernisse zu einem Mangel der Mietsache (…) führen (…). Das gilt allerdings nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben.“

In beiden oben genannten Fällen liegt der Hinderungsgrund nicht in der konkreten Beschaffenheit der jeweiligen angemieteten Räume. Die Ursache liegt vielmehr in persönlichen (Fall 1) bzw betriebsbezogenen (Fall 2) Umständen. Betriebsbezogene Umstände sind dabei das Gegenteil von objektbezogenen Umständen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1991, XII ZR 63/90). Und der Grund für die vorübergehende Schließung des Betriebs liegt daran, was dort betrieben wird, nicht wo es betrieben wird.

Auch andere rechtliche Anknüpfungspunkte in dem Verhältnis Mieter und Vermieter, die hier zu einer Herabsetzung der Miete führen könnten, scheiden aus. Das schließt auch eine vorübergehende vertragliche Anpassung nach den Gedanken des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein, da diese Regeln im Anwendungsbereich der Mietmängelgewährleistungsvorschriften ausgeschlossen sind (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1991, XII ZR 63/90).

An den Vermieter wird sich der Mieter daher nicht wenden können.

Ob er mit einer staatlichen Entschädigung rechnen darf, ist für die beiden Fälle unterschiedlich zu beantworten.

  • Im ersten Fall, also dort, wo der Mieter selbst unter Quarantäne gestellt wird, hat er Entschädigungsansprüche nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes, die im Einzelfall (was jeweils zu prüfen ist) auch eine angemessene Entschädigung für zu leistende Miete während der Quarantäne umfassen kann.
  • Auf den zweiten Fall ist die Vorschrift des § 56 des Infektionsschutzgesetzes nicht unmittelbar anwendbar. Ob eine entsprechende Anwendbarkeit der Regelung zulässig ist, ist umstritten, zumal wenn die staatlich angeordnete Schließung auf § 28 des Infektionsschutzgesetzes beruht, was in den aktuellen Fällen in den jeweiligen Bundesländern der Fall sein dürfte.

Ob der jeweilige Mieter sich zumindest an seine Versicherung (bspw. eine Betriebsunterbrechungsversicherung) wenden kann, richtet sich nach Maßgabe der geschlossenen Versicherungsverträge.

2. die Situation in der Wohnraummiete

Eine Mietminderung im Hinblick auf mögliche oder bestehende Erkrankungen, Quarantänemaßnahmen oder ähnliches im gleichen Anwesen scheidet aus. Hier besteht kein rechtlicher Ansatz.

3. Fazit

Die Miete zu mindern, ist nach alledem sowohl in der Gewerberaummiete als auch der Wohnraummiete nicht ratsam.

Kürzt ein Mieter die Miete, obwohl hierzu kein Grund vorliegt, kann das zu Mietrückständen führen, die den Vermieter zur fristlosen oder auch ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses legitimieren. Dabei wird sich ein Mieter auch in diesen besonderen Zeiten nicht darauf stützen können, seine Liquidität sei aufgebraucht oder er habe aus einem anderen Blickwinkel in diesem besonderen Zeiten keine andere Wahl gehabt.

4. freiwilliges Entgegenkommen?

Möglich bleibt einem Mieter selbstverständlich, seinen Vermieter anzusprechen, um mit diesem eine vorübergehende Reduktion der Miete oder Stundung zu vereinbaren oder Ähnliches.

Einen Anspruch darauf, dass der Vermieter auf so etwas eingeht, hat der Mieter nicht. Allerdings wird ein Vermieter auch meist kein Interesse daran haben, dass sein Mieter in derartige Liquiditätsschwierigkeiten gerät, dass der Betrieb des Mieters schließen muss und der Vermieter damit mittelfristig ohne zahlenden Mieter dasteht.

Ist der Vermieter bereit, einem Mieter auf die vorbeschriebene Weise entgegen zu kommen, ist jedoch bei solchen Mietverträgen Vorsicht geboten, die für einen längeren Zeitraum als ein Jahr befristet sind. Denn dort ist das Schriftformerfordernis des § 550 BGB zu beachten, wonach der vereinbarte Vertragsinhalt schriftlich zu erfassen ist, und zwar auch für nachträgliche Vereinbarungen. Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis führt zwar nicht zur Unwirksamkeit der Nachtragsvereinbarung oder des gesamten Vertrages, führt jedoch dazu, dass das Mietverhältnis fortan nicht mehr befristet ist, sondern unbefristet läuft und daher vor Ablauf der ursprünglich angedachten Laufzeit gekündigt werden kann. Diese Problematik gilt in der Praxis vor allem für Gewerberaummietverhältnisse und ist dort umso schwerwiegender, da ein Vermieter dort (anders als im Wohnraummietrecht) ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes ordentlich kündigen kann.

Dr. Sascha Lambert
Gitzinger Lambert Conrad
Rechtsanwälte
Kleiner Markt 3
Saarlouis
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