In Deutschland gilt: die Amtssprache ist deutsch (siehe z.B. § 23 VwVfG, § 87 AO, § 19 SGB X). Auch für notarielle Urkunden gilt, daß sie in deutscher Sprache errichtet werden (§ 5 BeurkG). Wenn der Notar eine andere Sprache hinreichend beherrscht, kann er auf Verlangen Urkunden aber auch in dieser errichten.
ausländische Beteiligte
Es kommt regelmäßig vor, daß Beteiligte nicht (hinreichend) deutsch sprechen, sondern zum Beispiel polnisch, tchechisch, türkisch oder italienisch. In der Regel sind alle in der Lage, sich auf Englisch zu verständigen. Ob sie darin so versiert sind, daß sie auch englische Rechtstexte zweifelsfrei verstehen, ist eine andere Frage.
In diesen Konstellationen werde ich üblicherweise gebeten, einen Kaufvertrag zweisprachig deutsch/englisch zu entwerfen in der Annahme, daß man das so beurkunden kann. So einfach ist es nicht. Nach § 16 BeurkG muß der Kaufvertrag dem deutschsprachigen Beteiligten vorgelesen und dem nicht-deutschsprachigen Beteiligten mündlich übersetzt werden. Das bedeutet, daß ein Dolmetscher in der Beurkundung zugegen sein muß, wenn nicht der Notar der betreffenden Sprache selbst hinreichend kundig ist, um die Übersetzungsarbeit zu leisten. Zweckmäßigerweise übersetzt der Dolmetscher dann nicht ins englische, sondern in die Muttersprache des betreffenden Beteiligten.
mündliche Übersetzung während der Beurkundung
In der Praxis sieht das bei uns so aus, daß ich den Kaufvertragsentwurf erst einmal wie gewünscht zweisprachig deutsch/englisch anfertige und allen Beteiligten als Entwurf übersende, zur Prüfung und Orientierung. In der Beurkundung mit den Vertragsparteien und dem Dolmetscher lese ich den deutschen Text des Vertrages abschnittsweise vor und der Dolmetscher übersetzt, ebenfalls abschnittsweise. Auftretende Fragen können gleich erörtert und etwaig notwendige Anpassungen (im deutschen Teil) vorgenommen werden. Im Vertrag wird zudem festgehalten, daß nur der deutsche Text maßgeblich ist, der englische dient allein Informationszwecken.
Die notwendige Anwesenheit des Dolmetschers bedeutet, daß das im Vorfeld organisiert werden muß. Wenn ich Anhaltspunkte dafür habe, daß das für einen der Beteiligten erforderlich ist, weise ich darauf hin und frage, ob er selbst einen Dolmetscher mitbringen möchte oder ob wir als Notariat das organisieren sollen. Für diese Zwecke arbeiten wir mit Übersetzungsbüros zusammen, die – mit etwas zeitlichem Vorlauf – solche Termine für nahezu jede Sprache einrichten können. Die Kosten liegen zur Zeit zwischen 500 und 800 Euro netto, wobei selbständige Dolmetscher das häufig etwas günstiger anbieten.
schriftliche Übersetzung auf Verlangen
Wenn der betreffende Beteiligte es verlangt, soll die Übersetzung außerdem schriftlich angefertigt und ihm zur Durchsicht vorgelegt werden; die Übersetzung soll der Urkunde beigefügt werden. Als Notar bin ich gehalten darauf hinweisen, daß eine schriftliche Übersetzung verlangt werden kann sowie, die Erteilung des Hinweises in der Urkunde festzuhalten.
Auf die schriftliche Übersetzung (in die Muttersprache des Beteiligten) kann dieser verzichten. Tut er es nicht, wird es organisatorisch aufwendig. Um sie der Urkunde beifügen zu können, muß sie vorliegen. Das bedeutet, daß sie im Vorfeld angefertigt werden sollte, was dann freilich Anpassungen in der Beurkundungssituation schwierig macht, denn dann muß man ja auch die schriftliche Übersetzung ändern. Außerdem dauert eine solche Arbeit eine gewisse Zeit. Hier kann zukünftig vielleicht eine automatisierte Übersetzung mittels KI unterstützen. Problematisch ist dabei aber, daß ich als Notar das Ergebnis nicht auf Richtigkeit prüfen kann, wenn ich die betreffende Sprache nicht spreche, so daß auch dann die Mitwirkung eines entsprechend fachkundigen Menschen notwendig bleiben wird, um das Ergebnis zu beurteilen und zu bestätigen.
Wer darf dolmetschen?
Grundsätzlich jeder, der die deutsche Sprache und diejenige beherrscht, in die zu übersetzen ist. Allerdings sind bestimmte Personen ausgeschlossen, und zwar solche, bei denen analog zu den Ausschließungsgründen für Notare eine Befangenheit möglich scheint. Das ist der Fall, wenn der Dolmetscher
- als weitere Vertragspartei selbst beteiligt ist (also zum Beispiel einer von zwei Käufern),
- der Ehegatte, ein früherer Ehegatte oder der (aktuelle oder frühere) Lebenspartner eines Beteiligten ist
- oder in gerader Linie verwandt oder verschwägert ist oder war oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder war,
- oder im zu beurkundenden Vertrag als Vertreter für eine der vorgenannten Personen handelt.
Ebenfalls ausgeschlossen ist ein Dolmetscher, wenn er oder eine der vorgenannten Personen durch den Vertrag einen rechtlichen Vorteil erlangt.
Familienangehörige als Dolmetscher sind also problematisch, aber Bekannte und Freunde kommen durchaus in Betracht. Es ist nicht erforderlich, daß der Dolmetscher beruflich als Übersetzer tätig ist oder amtlich bestellt und vereidigt wurde. Er kann vom Notar vereidigt werden oder die Beteiligten können darauf verzichten.
In der Praxis klären wir die Ausschließungsgründe dergestalt, daß ich den Dolmetscher und die Beteiligten frage, ob einer der vorgenannten Umstände vorliegt. Die Antworten nehme ich in die Urkunde mit auf. Der Dolmetscher erscheint wie die Vertragsparteien als Urkundsbeteiligter im Kopf des Vertrags, sein Ausweis wird wie der von allen anderen kopiert und zur Akte genommen (er muß ihn also dabei haben und der Ausweis sollte gültig sein), und nachdem alles vorgelesen und übersetzt wurde, wird der Vertrag vom Dolmetscher mit unterschrieben.
Die weitere Abwicklung des Vertrags
kann ohne den Dolmetscher geschehen, d.h. er bekommt im Regelfall keine Abschrift (es sei denn, die Beteiligten wünschen das) und ist in der anschließenden Kommunikation nicht in cc. In der Regel ist das auch nicht notwendig, wir können uns mit den meisten Beteiligten auf Englisch verständigen. Diejenigen, mit denen das nicht möglich ist, lassen sich von ihrem privaten Umfeld bei der Kommunikation helfen.