Schutz vor Mietenexplosion und Eigenbedarfskündigung

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Problemstellung

Immer wieder wird in der Politik und von Mieterverbänden ein besserer Schutz vor Mietsteigerungen und Eigenbedarfskündigungen gefordert. Beispielhaft mag dafür stehen

  • der Antrag zu BT-Drucks. 19/10283 vom 16.05.2019 von Abgeordneten der Partei DIE LINKE. Darin heißt es: „Ältere Menschen sind von Mietenexplosion und Wohnungslosigkeit besonders betroffen. Inzwischen ist bereits von einer „grauen Wohnungsnot“ die Rede. Aufgrund der oft niedrigen Rente, die mit dem Mietenanstieg nicht Schritt hält, haben viele ältere Mieterinnen und Mieter kaum die Chance, ihre Mieten zu bezahlen. Eine neue, bezahlbare Wohnung zu finden, ist in vielen Städten nahezu aussichtslos. Im fortgeschrittenen Alter noch umziehen zu müssen, ist eine besondere soziale Härte, vor der Mieterinnen und Mieter besser geschützt werden müssen. Der häufigste Kündigungsgrund ist ein Eigenbedarf seitens der Vermieterin oder des Vermieters. Mindestens 13.389 Fälle wurden laut Prozessstatistik des Deutschen Mieterbundes im Jahr 2017 vor Gericht verhandelt, über 500 Fälle mehr als im Jahr zuvor.“
  • der Antrag zu BT-Drucks. 19/10284 vom 16.05.2019 von Abgeordneten der Partei DIE LINKE. Darin heißt es: „Mieterinnen und Mieter werden in Deutschland unzureichend vor der Kündigung des Wohnraummietvertrags und einem Verlust ihrer Wohnung geschützt. Viele Gerichtsentscheidungen haben den Kündigungsschutz zusätzlich ausgehebelt.Auch durch Eigenbedarfskündigungen werden viele Mieterinnen und Mieter aus ihrer Wohnung verdrängt. Dafür ist es oft schon ausreichend, dass die Vermieterin oder der Vermieter die Wohnung für ein Au-pair, als Zweitwohnsitz oder als Arbeitsraum benötigt. Vor allem ältere, langjährig am Ort verwurzelte Mieterinnen und Mieter müssen vor dieser besonderen sozialen Härte besser geschützt werden.“
  • der Antrag zu BT-Drucks. 19/20542 vom 30.06.2020 von Abgeordneten der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Darin heißt es: „Mieterinnen und Mieter stehen in Deutschland ohnehin zunehmend unter Druck. Durch Zuzug in die Städte, die Folgen der Finanzkrise und stark gestiegene Investitionen in Wohnraum und schwindenden sozialen Wohnraum steigen ihre Belastungen. In der Rechtsprechung brachten zuletzt mehrere Urteile Erleichterungen für Vermieterinnen und Vermieter mit sich, insbesondere mit Blick auf Eigenbedarfskündigungen. Hiernach ist es für die Annahme einer berechtigten Eigenbedarfskündigung u. U. bereits ausreichend, wenn der Vermieter angibt, die Wohnung als Zweitwohnung nutzen zu wollen oder die Wohnung für sein Au-pair zu benötigen. Die Interessen der Mieterinnen und Mieter sind – obwohl auch ihr Recht an der Wohnung Verfassungsrang hat – nahezu immer nachrangig. Dies muss dringend geändert werden. Deshalb ist der Kündigungsschutz ein wesentlicher Aspekt bei der dringend notwendigen Änderung des Mietrechts zugunsten der Mieterinnen und Mieter.“

Mit der Zielrichtung, Mietenanstiege zu verringern und Eigenbedarfskündigungen zu verhindern, wurden in der letzten Zeit diverse gesetzliche Änderungen vorgenommen:

Zugleich fordern Teile der Politik weitere Verschärfungen: noch geringere Modernisierungsumlagen, noch geringere oder gar keine Mieterhöhungen, Verbot von Eigenbedarfskündigungen so weit irgendwie möglich, und die Kosten der Bewirtschaftung soll der Vermieter künftig möglichst auch nicht mehr vom Mieter ersetzt verlangen können, Beispiel CO2-Umlage.

Die beiden Ziele, einerseits „Mieter vor Eigenbedarfskündigung zu schützen“ und andererseits „die Mieteinnahmen des Vermieters zu begrenzen und seinen Kostenanteil an den Hauskosten zu erhöhen“ beißen sich. Wenn sich vermieten nicht lohnt, vielleicht sogar der Vermieter draufzahlt, wird der Vermieter selbst nutzen wollen oder an jemanden verkaufen, der selbst nutzen will.

Um dennoch beide Ziele durchzusetzen, hat die Politik die vorstehende Interventionsspirale entfacht und zerstört in meinen Augen damit zunehmend den Wohnungsmarkt. Zeitungsberichte darüber, daß ein Wohnungssuchender nichts findet, mehren sich, aktuell Kevin Kühnert, der sich öffentlich über die Ergebnisse der eigenen Politik beschwert.

Lösung

Ich habe einen Vorschlag. Einen, der niemandem schadet. Er verlangt Vermietern nichts ab, er beschränkt nicht das Recht auf Eigenbedarfskündigung und er führt nicht zu höheren oder geringeren Mieten. Mein Vorschlag schützt nicht nur dauerhaft und endgültig vor Mietpreissteigerungen, sondern er führt sogar zu sinkenden Wohnkosten, ohne daß die Einnahmen des Vermieters schrumpfen. Er schützt zugleich endgültig vor Eigenbedarfskündigung und auch jeder anderen Form von Wohnungskündigung, und zwar ohne jede Ausnahme. Außerdem verhindert mein Vorschlag Altersarmut.

Ich habe mir diese Lösung nicht selbst ausgedacht, sondern sie stammt aus der BR-Drucks. 75/51 vom 26.01.1951. Der Gesetzgeber wollte damals der Bevölkerung ermöglichen, zu niedrigst möglichen Kosten zu wohnen. Altersarmut durch zu hohe Mieten sollte vermieden werden. Auch wollte der Gesetzgeber die Bevölkerung vor jeder denkbaren Kündigung ihres Wohnraums schützen.

Also wurde das WEG geschaffen. Seit 1951 haben die Menschen die Möglichkeit, nicht nur ganze Grundstücke und Häuser, sondern auch eine einzelne Wohnung zu kaufen. Das schützt gleichermaßen vor Mietsteigerung, vor Wohnungsverlust durch Kündigung und vor Altersarmut. Diese Möglichkeit besteht bis heute für jeden, der sie sich leisten kann.

Und genau darin liegt das Problem: kaum einer kann sich das heute noch leisten. Die Ursache dafür liegt allerdings allein in der Politik, d.h. sie wäre durch simple politische Entscheidung zu beheben:

  • Zuerst sind mit dem Kauf hohe Grunderwerbsteuern verbunden. Wer für 500.000 Euro in Berlin eine 3- oder 4-Zimmer-Wohnung kaufen will, muß 6% Steuer zahlen, das sind 30.000 Euro. Das ist für viele gerade junge Familien zu viel. Mein Vorschlag Nr. 1 lautet daher: die Grunderwerbsteuer für den Kauf einer selbstgenutzten Wohnung abschaffen.
  • Zum zweiten finanzieren die Banken nicht die aktuellen Verkehrswerte, sondern gehen vorsichtig an die Sache heran und verlangen zudem Eigenkapital. Deshalb werden rund 20% des Kaufpreises hierfür benötigt. Bei einer Wohnung für 500.000 Euro sind das zusätzlich zur Steuer weitere 100.000 Euro. Statt Menschen dauerhaft Wohngeldzuschüsse zu zahlen, könnte der Staat hier mit einer Ausfallbürgschaft helfen. Mein Vorschlag Nr. 2 lautet daher: für den Kauf einer selbstgenutzten Wohnung der Bank eine für den Wohnungskäufer kostenlose staatliche Ausfallbürgschaft für 20% des Kaufpreises zu stellen. Diese kann im Grundbuch nachrangig abgesichert werden und kostet den Staat idealerweise kein oder fast kein Geld, weil es idR. nämlich nicht zu Ausfällen kommt und sie im übrigen dann besichert wären. Die Bürgschaft erlaubt den Banken, 100% zu finanzieren, aber nur 80% im Risiko zu stehen. Damit können auch Menschen eine Wohnung kaufen, die keine 100.000 Euro auf dem Konto liegen haben. In Zeiten (zu) hoher Zinsen könnte man das über die KfW mit einer Zinsvergünstigung für den Kredit ergänzen, so daß die Menschen mehr in die Tilgung und nicht so viel in den Zins zahlen.
  • Zum dritten müssen die Menschen die Wohnung, in der sie leben, auch kaufen können. Dazu ist es notwendig, daß die Wohnung a) rechtlich als Wohnung existiert und b) der Eigentümer bereit ist, sie zu verkaufen.
    • Ersteres läßt sich dadurch erreichen, daß Umwandlungen nicht verboten, sondern gefördert werden. Dort, wo der Staat selbst Eigentümer ist, kann er entscheiden, seine Häuser aufzuteilen und den Bewohnern günstig zum Kauf anzubieten. In Berlin gibt es rund 323.000 landeseigene Wohnungen – wieso müssen die dem Land gehören und nicht ihren Bewohnern?
    • Zweiteres läßt sich dort, wo der Staat nicht selbst Eigentümer ist, über Anreize schaffen. Privaten Eigentümern könnte man bei einem Verkauf an die Bewohner steuerliche Vergünstigungen gewähren, etwa die Steuerfreiheit für den Veräußerungsgewinn auch vor Ablauf von 10 Jahren. Das würde einen Anreiz für einen Verkauf an die aktuellen Mieter setzen und sicherlich bewirken, daß vielfach Verkäufe an diese stattfinden. Auch der Neubau würde davon sicherlich profitieren.
    • Hieraus folgt mein Vorschlag Nr. 3: sämtliche Umwandlungsverbote aufheben und Umwandlungen sowie den Verkauf an die Mieter steuerlich fördern, landeseigene Wohnungsbestände aufteilen und günstig den Bewohnern zum Kauf anbieten.

Ein größeres Programm zur Alterssicherung, zum Vermögensaufbau der Bevölkerung und zum Kündigungsschutz von Wohnraum ist m.E. kaum denkbar, und das beste ist: es kostet den Staat fast nichts. Er muß es nur tun. Zwar fallen Einnahmen der Länder aus Grunderwerbsteuern weg. Im Gegenzug reduziert sich aber dauerhaft und in steigendem Maße die Notwendigkeit von Wohnkostenhilfen oder ergänzende Sozialhilfe an Bedürftige, namentlich Ruheständler. Auch die Gerichte würden von Mieterhöhungs- und Eigenbedarfsprozessen entlastet, die Bezirksämter könnten Personalkosten in den Umwandlungs- und Zweckentfremdungsabteilungen einsparen, Gerichtsvollzieher hätten weniger Räumungen durchzuführen, die von der Politik adressierten Härten würden schlagartig abnehmen und im Zeitverlauf weiter schwinden.