Bezirksamt Pankow stellt Klageerhebung unter Zwangsgeld

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Rechtsweggarantie und Justizgewährungsanspruch

Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes ist eine für unseren Rechtsstaat zentrale Norm. Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben, also die Zivilgerichtsbarkeit.

Diese sog. Rechtsweggarantie korrespondiert mit dem sog. Justizgewährungsanspruch, der aus Art. 2 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip folgt. Im Klartext: solange Deutschland für sich in Anspruch nimmt, ein Rechtsstaat zu sein, muß es möglich sein, die Gerichte anzurufen und Sachverhalte dort prüfen zu lassen. Die Frage, ob oder ob nicht ein Zugang zu den Gerichten möglich ist, entscheidet darüber, ob wir in einer freiheitlichen Gesellschaft leben.

Als Kind der DDR bin ich in diesem Punkt sehr empfindlich.

§ 11 Ziffer 4 MietenWoG Bln

erklärt es nun als ordnungswidrig, wenn ein Vermieter eine höhere als die nach diesem Gesetz zulässige Miete „fordert“. Da in der Gesetzesbegründung nicht näher erläutert ist, was das Wort „fordern“ genau meint, gibt es diverse Auslegungen, je nach politischer Neigung des Betrachters.

In der amtsgerichtlichen Rechtsprechung Berlins wie auch der des Landgerichts scheint ganz überwiegend allgemeine Ansicht zu sein, daß ein Mieterhöhungsverlangen kein „fordern“ in diesem Sinne darstellt. Denn es wird nicht Zahlung eines konkreten Mietbetrags verlangt, sondern Zustimmung zu einer Vertragsänderung.

BZA Pankow sieht das anders

Zum BZA Pankow erreicht uns nun die Nachricht, daß Rechtsstaat dort nicht so wichtig ist. Einem Vermieter, der ein Zustimmungsverlangen um 14,95 Euro nach § 558 BGB aussprach, wurde von dort unter Androhung eines Zwangsgeldes von 1.000 Euro untersagt, das aufrechtzuerhalten. Eine Woche später wurde ihm unter Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 2.500 Euro untersagt, das zu einer weiteren Einheit einzuklagen. Die beiden Schreiben finden Sie hier.

Als Jurist bin ich offen gestanden erstaunt, daß jemand in der Verwaltung auf die Idee kommen und dann auch noch ernsthaft vertreten kann, daß die Erhebung einer Zivilklage ein Zwangsgeld-Tatbestand sein könnte. Mit einem Zwangsgeld wird durchgesetzt, daß ein nicht gewünschtes Verhalten unterlassen oder ein gewünschtes Verhalten bewirkt wird. Hier wird also gewünscht, daß ein Bürger nicht den für den konkreten Fall vom Gesetz vorgesehenen Rechtsweg einschlägt, und er soll gezwungen werden, das zu unterlassen.

Ich gebe zu, aus Verwaltungssicht mag das ein praktischer Ansatz sein, denn wenn das hier klappt, könnten wir das ja auch mit allen anderen mißliebigen Bürgeranliegen tun: wer den Verwaltungsrechtsweg einschlägt, weil er keine Baugenehmigung erhält: Untersagungsverfügung und Zwangsgeld. Wer mit seinem Steuerbescheid nicht einverstanden ist und Einspruch einlegt: Untersagungsverfügung und Zwangsgeld. Wer verdächtigt wird, jemanden bestohlen zu haben, braucht keinen Verteidiger; beauftragt er doch einen: Untersagungsverfügung und Zwangsgeld. Und Bürger, die untereinander klagen, sind ohnehin nicht akzeptabel, auch Untersagungsverfügung und Zwangsgeld.

Auf diese Weise ließe sich doch sehr bequem regeln, daß die Bürger dieses Landes sich künftig wie Untertanen benehmen und nicht länger gegen die Obrigkeit aufmucken. Ich persönlich möchte in einer solchen Gesellschaft allerdings nicht leben.

Nachtrag 29.09.2020: das „Neue Deutschland“ berichtet hier, daß die Zwangsgeldandrohungen des BZA Pankow in einigen Fällen erfolgreich waren und die Vermieter ihre Erhöhungsverlangen zurücknahmen, in anderen Fällen nicht.

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