Mietrechtsänderungen 2019 (Teil 2 – neues kompliziertes „vereinfachtes Verfahren“ bei Kleinmodernisierungen)

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Teil 1 – Verschärfung mietpreisbremsender Vorschriften (nachstehend)

Teil 2 – neues kompliziertes „vereinfachtes Verfahren“ bei Kleinmodernisierungen (nachstehend)

Teil 3 – Schadensersatz und Bußgeld bei „verdrängender Modernisierung“

Teil 4 – Übergangsregelungen und Fazit

Nach unserem Blick gestern auf die Ergänzungen zur Mietpreisbremse und einem neuen preisbremsenden Element im Bereich der Modernisierungen (siehe hier) schauen wir uns heute das neue sog. „Vereinfachte Verfahren“ im Bereich der Kleinmodernisierungen an.

IV. Vereinfachtes Verfahren bei Kleinmodernisierungen

Bislang gab es rechtlich (fast) keinen Unterschied zwischen eher überschaubaren Maßnahmen und solchen, in denen die Wohnung und das Haus komplett umgekrempelt werden. Alles muß in gleicher Weise aufwendig geplant, angekündigt, ausgerechnet, die 3-monatige Wartefrist eingehalten werden usw. Der Ablauf ist immer:

  • Planung und Vorbereitung,
  • Ankündigungsschreiben an die Mieter mit den Mindestangaben, 1) was an Arbeiten ausgeführt wird, 2) wann die Arbeiten stattfinden und wie lange sie dauern, 3) was es kostet und wie hoch die Umlage auf die Miete voraussichtlich sein wird und 4) welche Auswirkungen auf die Betriebskosten das hat,
  • Durchführung der Modernisierung, und
  • nach Vorlage und Zahlung aller Rechnungen: Abrechnung gegenüber den Mieter und Modernisierungsumlage, die
  • entweder 3 oder (bei erheblicher Budgetüberschreitung oder bei nicht ordnungsgemäßer Ankündigung) 9 Monate später in Kraft tritt.

Das klingt an sich überschaubar, ist konkret aber ein riesiger Aufwand. Zum Beispiel können Termine aus etlichen Gründen unhaltbar werden: vielleicht muß ein Mieter von 50 erst mal verklagt werden und vom Zutritt in seine Wohnung hängt es ab, ob im Strang über ihm gearbeitet werden kann; eine Materiallieferung kann ausbleiben, etwa weil der Hersteller in der Zeit zwischen Planung und Arbeitsbeginn die Produktion eingestellt hat; Handwerker können länger brauchen, weil Personal krank ist oder wegfällt oder die Witterung nicht mitspielt; es können sich im Zuge des Baufortschritts unerwartete Arbeiten ergeben, etwa wenn man eine Fußbodendiele hochnimmt und darunter Balkenschäden findet, die man nicht vermutete; eine Baugenehmigung dauert länger als erwartet oder wird mit Auflagen versehen, die unerwartet sind. Terminänderungen führen zu Budgetänderungen, Gerüststandzeiten verlängern sich, Umsetzwohnungen müssen verlängert werden, Mieter, die ihre Urlaubsplanung auf die Arbeiten abgestellt haben, stellen fest, daß das nun nicht mehr passt, die nachfolgenden Gewerke haben in der geänderten Zeittaktung schon andere Aufträge eingeplant und stehen nicht wie gedacht zur Verfügung, und so weiter. Das Gesetz verlangt aber, daß dem Mieter 3 Monate vor Arbeitsbeginn, also mitten in der Planungs- und Kontrahierungsphase, sowohl die Arbeiten als auch die Termine und Arbeitsdauer als auch das Budget möglichst genau mitgeteilt werden, ansonsten muß er die Arbeiten nicht dulden.

Einzige Ausnahme sind nach § 555c Abs. 4 BGB solche Vorhaben, die „nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden sind und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen.“ Hier durfte (und darf weiterhin) man von einer Ankündigung und den ganzen Formalien absehen, auch die Wartefrist gilt hier nicht. Unerheblich ist eine Einwirkung auf die Mietsache zum Beispiel, wenn die Arbeiten an einem Tag komplett abgeschlossen werden können, etwa der Einbau eines Wasserzählers oder neuerdings von Rauchwarnmeldern, oder wenn sie nur im Keller stattfinden und man in der Wohnung davon gar nichts mitbekommt. Die Mieterhöhung ist nach der Rechtsprechung unerheblich, wenn sie 5% der bisherigen Kaltmiete nicht übersteigt. Lag die bisherige Kaltmiete z.B. bei 1.000 Euro monatlich, so war eine Modernisierungsumlage von bis zu 50 Euro monatlich noch im Rahmen der Bagatellgrenze. Das sind 600 Euro im Jahr und bei 11% Umlage rund 5.450 Euro Investitionsvolumen (bei den neuen 8% Umlage sind es 7.500 Euro Investitionsvolumen). Bei kleineren (günstigeren) Wohnungen ist die Bagatellgrenze entsprechend niedriger.

Neben der Bagatellgrenze gibt es ab sofort die sog. „Kleinmodernisierung“. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme, die vielleicht keine Bagatelle mehr ist, die aber auch keine richtige, große Modernisierung darstellt, konkret: Modernisierungen mit einem Investitionsvolumen bis zu 10.000 Euro. Der ursprüngliche Gedanke war, daß man dafür den bürokratischen Aufwand einer „großen“ Maßnahme reduzieren wollte. Übrig geblieben ist davon leider nichts. Auch Kleinmodernisierungen (die keine Bagatelle sind) muß der Vermieter ankündigen und hierfür alle Formalien und Fristen einhalten und überdies zusätzliche Angaben machen. Allein für die anschließende Umlageerklärung auf den Mieter gibt es eine Änderung.

Das ist in einer neu geschaffenen Vorschrift geregelt, § 559c BGB. Sie lautet:

§ 559c Vereinfachtes Verfahren
(1) Übersteigen die für die Modernisierungsmaßnahme geltend gemachten Kosten für die Wohnung vor Abzug der Pauschale nach Satz 2 10 000 Euro nicht, so kann der Vermieter die Mieterhöhung nach einem vereinfachten Verfahren berechnen. Als Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären (§ 559 Absatz 2), werden pauschal 30 Prozent der nach Satz 1 geltend gemachten Kosten abgezogen. § 559 Absatz 4 und § 559a Absatz 2 Satz 1 bis 3 finden keine Anwendung.
(2) Hat der Vermieter die Miete in den letzten fünf Jahren bereits nach Absatz 1 oder nach § 559 erhöht, so mindern sich die Kosten, die nach Absatz 1 Satz 1 für die weitere Modernisierungsmaßnahme geltend gemacht werden können, um die Kosten, die in diesen früheren Verfahren für Modernisierungsmaßnahmen geltend gemacht wurden.
(3) § 559b gilt für das vereinfachte Verfahren entsprechend. Der Vermieter muss in der Mieterhöhungserklärung angeben, dass er die Mieterhöhung nach dem vereinfachten Verfahren berechnet hat.
(4) Hat der Vermieter eine Mieterhöhung im vereinfachten Verfahren geltend gemacht, so kann er innerhalb von fünf Jahren nach Zugang der Mieterhöhungserklärung beim Mieter keine Mieterhöhungen nach § 559 geltend machen. Dies gilt nicht,
1. soweit der Vermieter in diesem Zeitraum Modernisierungsmaßnahmen auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung durchzuführen hat und er diese Verpflichtung bei Geltendmachung der Mieterhöhung im vereinfachten Verfahren nicht kannte oder kennen musste,
2. sofern eine Modernisierungsmaßnahme auf Grund eines Beschlusses von Wohnungseigentümern durchgeführt wird, der frühestens zwei Jahre nach Zugang der Mieterhöhungserklärung beim Mieter gefasst wurde.
(5) Für die Modernisierungsankündigung, die zu einer Mieterhöhung nach dem vereinfachten Verfahren führen soll, gilt § 555c mit den Maßgaben, dass
1. der Vermieter in der Modernisierungsankündigung angeben muss, dass er von dem vereinfachten Verfahren Gebrauch macht,
2. es der Angabe der voraussichtlichen künftigen Betriebskosten nach § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 nicht bedarf.

Was bedeutet das alles nun genau? Zunächst Absatz 1 Satz 1: der Vermieter kann, muß also nicht, das vereinfachte Verfahren anwenden. Vermieter können also auch künftig § 559c BGB einfach ignorieren und jede Modernisierung so behandeln wie alle anderen.

Wenn sich der Vermieter hingegen entscheidet, das vereinfachte Verfahren zu wählen, dann muß er nach Absatz 1 Satz 2 von den Kosten pauschal 30% als Instandsetzungsabzug bewerten. Außerhalb des vereinfachten Verfahrens gilt, daß als Modernisierung nur umgelegt werden kann, was nicht Instandsetzung ist oder Kosten einer andernfalls nötigen Instandsetzung erspart hat. Wenn also eine defekte Gasetagenheizung gegen eine moderne Brennwerttherme ausgetauscht wird, dann sind nicht die kompletten Kosten der neuen Heizung eine Modernisierung, sondern nur das, was über das hinausgeht, was der Vermieter zur Reparatur hätte aufwenden müssen. Die Instandsetzungsabzüge können mitunter so hoch sein, daß von der Modernisierungskomponente nicht mehr viel übrig bleibt.

In solchen Konstellationen kann der Vermieter künftig einfach 30% pauschal als Instandsetzung abziehen und die restlichen bis zu 7.000 Euro als Modernisierung bewerten. Eine Diskussion darüber, ob der Abzug der Höhe nach zu niedrig ist oder nicht, findet nicht statt.

Bei einer Kleinmodernisierung können also maximal 7.000 Euro zu einer Mieterhöhung führen. Bei 8% Umlage sind das 560 Euro Mieterhöhung jährlich = 46,67 Euro im Monat (unabhängig von der Wohnungsgröße). Das bedeutet, daß bei größeren Wohnungen, d.h. solchen, deren Nettokaltmiete rund 1.000 Euro oder mehr monatlich beträgt, die Bagatellgrenze über der Kleinmodernisierungsgrenze liegt. Je weniger die Arbeiten kosten, desto billigere Wohnungen erreichen die umlagefähigen 70% mit der Bagatellgrenze. Der Anwendungsbereich der neuen Regelungen ist also überschaubar und im wesentlichen dort interessant, wo der Instandsetzungsabzug erheblich über den pauschalen 30% läge, wenn man es genau ausrechnen müßte.

Vermieter werden künftig also genau rechnen: gibt es keinen Instandsetzungsabzug, etwa weil eine Reparatur nicht nötig gewesen wäre, dann wird nach den normalen Regeln abgerechnet. Ist der Instandsetzungsabzug hingegen höher als 30%, sollte man das vereinfachte Verfahren anwenden, weil dann mehr von der Modernisierungsumlage übrig bleibt.

Ein weiterer Vorteil für den Vermieter ist, daß § 559 Abs. 4 BGB bei Kleinmodernisierungen nicht gilt. Das bedeutet, daß der Mieter keine sog. Härteeinwand hat. Wenn die Wohnung für ihn schon ohne Modernisierung an der finanziellen Belastungsgrenze liegt, kann er nämlich eigentlich einwenden, daß er sich die Umlage nicht leisten kann. Dann muß er sie (dauerhaft) auch nicht zahlen. Das ist nun für Kleinmodernisierungen ausgeschlossen, so wie es vorher schon für Maßnahmen galt, die der Vermieter aufgrund gesetzlicher Verpflichtung durchführen muß (z.B. oberste Stockwerksdeckendämmung) oder die nur zu einem allgemein üblichen Zustand führen (z.B. Abriß von Kachelöfen und Anschluß der Wohnung an eine Zentralheizung). Wegen dieser Komponente wird man darüber nachdenken müssen, ob der Vermieter einen Auskunftsanspruch gegen den Mieter hinsichtlich etwaiger Härteeinwände bzw. seines monatlichen Haushaltseinkommens hat.

Wegen der Absätze 2 und 4 (Anrechnungsregel und 5jährige Sperre für weitere Modernisierungsumlagen jedweder Berechnungsweise) muß man zusätzlich prüfen, ob weitere Modernisierungen in den nächsten Jahren erfolgen sollen.

Eine Umlage nach dem vereinfachten Verfahren setzt nach Absatz 5 schließlich voraus, daß der Vermieter in der Ankündigung mitgeteilt hat, daß er davon Gebrauch macht. Das bedeutet, daß der Vermieter nicht erst später, bei der Abrechnung, darüber nachdenken muß, sondern von vornherein einen klaren Überblick über a) die entstehenden Kosten und b) die Instandsetzungsanteile braucht. Sollten sich während der Arbeiten unvorhergesehene Weiterungen ergeben, die die Kostengrenze von 10.000 Euro übersteigen, hat er Pech. Allerdings schreibt § 559c BGB nicht vor, daß der Vermieter nach dem vereinfachten Verfahren umlegen muß, wenn er das in der Modernisierungsankündigung so vorgesehen hat. Es steht ihm wohl frei, davon wieder abzurücken und ganz normal abzurechnen, wenn es sich nach Durchführung der Arbeiten für ihn als vorteilhafter herausstellt. Allerdings ist zu erwarten, daß hier sicherlich schon in frühen Prozessen rund um das Thema Fragen des Vertrauensschutzes auf Mieterseite diskutiert werden.

Das vereinfachte Verfahren erfordert also

  • wie alle großen Modernisierungsmaßnahmen eine richtige, „große“ Modernisierungsankündigung
  • zusätzlich eine Abwägung der Instandhaltungsquote
  • zusätzlich eine Risikoeinschätzung hinsichtlich etwaiger Kostenerhöhungen während der Maßnahme,
  • zusätzlich eine Prüfung weiteren Modernisierungsbedarfs in den nächsten 5 Jahren
  • zusätzlich eine Prüfung möglicher Härteeinwände von Mietern, wenn man die Maßnahme nicht als Kleinmodernisierung durchführt, und dementsprechend vorherigen Ermittlungs-/Kommunikationsaufwand
  • und zusätzlich eine Mitteilung in der Ankündigung (siehe unten).

So gesehen ist das Verfahren nicht vereinfacht, sondern deutlich komplizierter, weil es zu zusätzlichen Bewertungs- und Berechnungsschritten führt. Im Prozeß ist es dann aber einfacher, weil der Mieter nicht einwenden kann, daß der Instandsetzungsabzug hätte höher sein müssen oder eine finanzielle Härte bei ihm vorläge.

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