Wenn Sie eine Wohnung vom Mieter zurück erhalten, entspricht sie nicht immer dem Zustand, den sie bei Vertragsbeginn hatte. Das ist menschlich nachvollziehbar: der Mieter investiert lieber in seine neue Wohnung – die soll schön gemalert sein, der Umzug kostet Geld, das eine oder andere Möbelstück wird ausgetauscht und so weiter. Energie, Zeit und Geld darauf zu verwenden, die Wohnung, aus der er auszieht, herzurichten, ist da nur lästig. Außerdem sind viele Mieter heute der Auffassung, daß sie bei Auszug ohnehin nicht malern müssen.
Im Laufe der Mietzeit wird die Wohnung zwangsläufig abgenutzt. Normalerweise ist das nicht so sehr gravierend: Wände haben Flecken, es gibt die eine oder andere Stoßstelle an Türen oder Heizkörpern, Armaturen in Bad oder Küche sind verkalkt, solche Dinge. Manchmal ist es aber doch gravierend, so wenn Pflanztöpfe auf Parkettböden stehen und jahrelang Blumenwasser einwirkt; wenn Silikonfugen in der Dusche reißen und jahrelang Wasser durch die Fuge läuft, sich darunter sammelt und die Deckenbalken faulen; wenn beschädigte Fensterscheiben nicht repariert werden und darauf Folgeschäden erwachsen; wenn der Mieter beim Bohren in den Wänden Elektroleitungen trifft und das nicht meldet, oder wenn er einfach nur gerne bohrt und Ihnen tausend Löcher hinterlässt; und so weiter.
Verwaltungssachbearbeiter sind immer wieder unsicher, ob sie dem Mieter, der eine beschädigte Wohnung zurückgibt, eine Frist setzen müssen, das zu beheben, oder nicht. Der Grund für die Unsicherheit ist, daß die Antwort sowohl „ja“ als auch „nein“ lautet.
- Bei Schönheitsreparaturen: ja. Eine Fristsetzung ist nötig, wenn es um eine wechselseitige Leistungsbeziehung geht. Schönheitsreparaturen schuldet der Mieter (sofern es wirksam vereinbart ist) als Teil seiner Gegenleistung für die Wohnungsnutzung. Dafür, daß er da wohnen darf, zahlt er a) Miete und b) Schönheitsreparaturen. In solchen Fällen ist eine Fristsetzung nötig, d.h. Sie müssen dem Mieter mitteilen, was er malern muß, und ihm eine ausreichende Zeit einräumen, das zu tun. Erst anschließend, wenn er es nicht oder nicht ordentlich tut, können Sie statt der Leistung (also dem Malern) Geld verlangen.
- Bei Sachschäden: nein. Keine Fristsetzung ist nötig, wenn es um eine einseitige Leistungsverpflichtung geht. Sachbeschädigungen verpflichten nur denjenigen, der die Sache beschädigt hat, zu etwas, nicht aber den Eigentümer der beschädigten Sache. Wenn jemand von hinten auf Ihr Auto drauffährt, dann schulden Sie demjenigen nichts. Insbesondere müssen Sie sich nicht darauf einlassen, daß der Schädiger an Ihrem Auto selbst rumwerkelt und versucht, es zu reparieren. Sie dürfen entscheiden, ob er die Reparatur für Sie organisieren soll, oder ob Sie lieber von ihm das Geld haben und die Reparatur damit selbst veranlassen. Das gleiche gilt bei Wohnungsbeschädigungen: auch hier müssen Sie nicht hinnehmen, daß der Mieter repariert, sondern können selbst entscheiden, wer das tun soll, und das nötige Geld vom Mieter verlangen.
Die Abgrenzung zwischen Schönheitsreparatur und Sachbeschädigung ist nicht immer einfach, eine gesetzliche Definition des Begriffs „Schönheitsreparatur“ gibt es nicht. Man könnte ungefähr (und etwas ungenau) sagen, daß „Schönheitsreparatur“ alles ist, was ein Maler mit Pinsel und Farbe machen kann. Wenn also beim Auszug die Umzugshelfer mit dem Schrank gegen die Tür donnern und Lack platzt ab, ist das Schönheitsreparatur; wenn auch das Holz darunter eine Delle abbekommt, zum Teil herausbricht o.ä., ist das ein Schaden. Wenn der Mieter in Wände bohrt, kann man das zugipsen und überstreichen, das ist Schönheitsreparatur. Wenn er aber durch Fliesen bohrt oder Ihre Wand mit so vielen Löchern versieht, daß sie komplett durchlöchert ist, ist das ein Schaden. Wenn das Parkett Lackkratzer hat, die man ohne sichtbare Folgen überstreichen kann, ist das Schönheitsreparatur; wenn es Riefen und Kratzer im Holz hat oder wenn (wegen z.B. fehlender Parkettschutzmatte dort, wo ein Rollstuhl an einem Schreibtisch stand) der Lack komplett runtergerollt ist und das rohe Holz schon fasert, dann kann das ein Maler nicht ohne weiteres beheben, sondern man muß erst mal abschleifen. Das ist ein Schaden.
Die Fristsetzung ist lästig, denn sie verzögert die Neuvermietung und mitunter kann man den umgezogenen Mieter auch nicht ohne weiteres erreichen. Insbesondere wenn er aus der Stadt verzogen ist, sind nachweisbare Zustellungen aufwendig und manchmal hat man auch nicht die neue Adresse. Außerdem muß man ihm, damit er Schönheitsreparaturen ausführen kann, einen Schlüssel geben; gerade bei Mietern, die man räumungsvollstreckt hat, darf man nicht allzu sicher sein, daß sie die Wohnung diesmal dann freiwillig zurückgeben.
Daß bei Schäden keine Fristsetzung nötig ist, hat der BGH aktuell noch einmal bestätigt (VIII ZR 157/17, Pressemitteilung hier). Der Vermieter forderte und erhielt dort Schadensersatz wegen eines von dem Mieter zu verantwortenden Schimmelbefalls in mehreren Räumen, wegen mangelnder Pflege der Badezimmerarmaturen und eines Lackschadens an einem Heizkörper sowie wegen eines schadensbedingt fünfmonatigen Mietausfalls.
Buchhinweis
Zum Thema Schönheitsreparaturen und Wohnungsrückgabe gibt es ein Taschenbuch von Haus & Grund, das dem privaten Vermieter eine gute Anleitung für die Abläufe gibt und zeigt, worauf man achten muß.