Die erste mietrechtliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2018 ist nicht besonders spektakulär, sondern eher was für Spezialisten: § 565 BGB gilt zum Schutz des Mieters unmittelbar auch bei Werkwohnungen. Weil es aber heute keine anderen aufregenden Immobiliennachrichten gibt, schauen wir uns das trotzdem mal näher an.
Werkwohnung vs. gewerbliche Zwischenmiete
§ 565 BGB regelt die sogenannte gewerbliche Weitervermietung. Die liegt vor, wenn der Mieter die Wohnung nicht mietet, um sie selbst zu nutzen, sondern um sie gewerblich an einen Dritten weiterzuvermieten. Es gibt also einen Hauptmietvertrag (zwischen dem Eigentümer der Immobilie und dem Hauptmieter) und einen Untermietvertrag (zwischen dem Hauptmieter und dem Dritten). Das Besondere an der gewerblichen Zwischenmiete ist, daß der Hauptmietvertrag als Zweck die Weitervermietung vorsieht (statt eigenes Wohnen des Hauptmieters). Das bedeutet, daß der Hauptmietvertrag ein gewerbliches Mietverhältnis ist – sein Zweck für den Hauptmieter ist ja die Gewinnerzielung, also ein wirtschaftliches Interesse und kein privates, wie es ein eigenes Wohnen wäre.
Für Gewerbemietverträge gibt es keinen Wohnraumkündigungsschutz.
Das trifft freilich denjenigen, der am Ende in der Wohnung wohnt und auf diese Gestaltung keinen Einfluß hat. Der Hauptmieter könnte z.B. dem Eigentümer gegenüber den Hauptmietvertrag kündigen und der Eigentümer könnte vom Untermieter die Herausgabe der Wohnung verlangen, weil er Eigentümer ist und mit dem Untermieter keinen Vertrag hat. Je nach Gestaltung des Hauptmietvertrags kann auch der Eigentümer kündigen, ohne dabei Rücksicht auf Wohnraumschutzrechte nehmen zu müssen.
Man könnte auf dem Weg der gewerblichen Zwischenmiete also die gesetzlichen Regeln zum Kündigungsschutz für Wohnraum unterlaufen.
Damit das nicht geht, gibt es den § 565 BGB. Er bestimmt, dass der Vermieter bei Beendigung des (Haupt-)Mietvertrags in den zwischen dem Mieter und dem Dritten abgeschlossenen (Unter-)Mietvertrag eintritt. Aus Eigentümer und Untermieter werden also direkte Vertragspartner zu den Konditionen des Untermietvertrags, wenn der Hauptmietvertrag endet. Hiermit soll sichergestellt werden, dass bei einer Weitervermietung aus lediglich wirtschaftlichen Interessen dem Endmieter bei Beendigung des Hauptmietvertrages derselbe soziale Kündigungsschutz zur Verfügung steht, den er bei direkter Anmietung gehabt hätte.
Eine „gewerbliche“ Weitervermietung, wie das Gesetz sie voraussetzt, impliziert dabei eine geschäftsmäßige, auf Dauer gerichtete, mit Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausgeübte Vermietungstätigkeit des Zwischenmieters.
„Gewerbliche“ Zwischenmiete ohne Gewinnspanne?
Nun ist es so, daß Werkwohnungen nicht immer mit der Absicht der Gewinnerzielung (unmittelbar aus der Weitervermietung selbst) an die Arbeitnehmer des Hauptmieters weitervermietet werden, sondern zu den gleichen Konditionen wie die des Hauptmietvertrags. So war es auch in dem vom BGH hier entschiedenen Fall: ein großes Unternehmen in Frankfurt am Main hatte ein Paket Wohnungen angemietet und sie zu exakt den gleichen Konditionen seinen Arbeitnehmern überlassen. Aus der Zwischenmiete zog das Unternehmen also keinen finanziellen Gewinn. Damit stellte sich, als ein späterer neuer Eigentümer die Hauptmietverträge kündigte, die Frage, ob § 565 BGB auch anwendbar ist, wenn keine „Gewerblichkeit“ der Zwischenmiete vorliegt, ob also die (früheren) Arbeitnehmer, heute Rentner, wohnen bleiben können oder ausziehen müssen.
Der BGH umschiffte das Problem elegant und entschied, daß auch ein Arbeitgeber, der Wohnungen an seine Arbeitnehmer weitervermietet, hiermit (zumindest auch) eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. Diese sind in dem Bestreben zu sehen, für das Unternehmen Arbeitnehmer an sich zu binden und sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmen zu verschaffen, die ihren Arbeitnehmern keine entsprechenden Werkswohnungen anbieten können. Das gilt umso mehr, wenn Wohnraum zu tragbaren Bedingungen für Mieter in einem Ballungsgebiet wie Frankfurt am Main nicht ohne weiteres zu finden ist. Dieses Verständnis einer „gewerblichen“ Weitervermietung stehe auch im Einklang mit der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG).
Im Ergebnis ist § 565 BGB also auch dann anwendbar, wenn die Gewerblichkeit für den Hauptmieter nicht in einem (betragsmäßigen) Gewinn aus der Weitervermietung selbst liegt, sondern in anderen Vorteilen, die der Verfolgung seiner wirtschaftlichen Interessen dienen.
BGH VIII ZR 241/16 vom 17. Januar 2018, Pressemitteilung Nr. 12/2018, Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor.
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