Inflation und Zins beim Wohnungskauf

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Was kostet Geld?

Hypothekendarlehen mit 10 Jahren Zinsbindung bekommt man, bei Einhaltung bestimmter Rahmenbedingungen, immer noch deutlich unterhalb der Inflationsrate. Die Spanne der effektiven Jahreszinsen geht aktuell bei 0,88% los (BauFi24), je nach Konditionierung und Lage und den konkreten Verhältnissen des Objekts und Käufers sind Werte um die 1,18% (Dr. Klein) oder 1,24% (Ing DiBa) am Ende aber wahrscheinlicher. Rechnen wir mal ungünstig mit 1,5%.

Die offizielle Inflationsrate für das Jahr 2017 liegt laut destatis bei 1,8%. Dabei handelt es sich um den Jahresdurchschnitt der Verbraucherpreise. Dem liegt allerdings ein Warenkorb zugrunde, dessen Zusammensetzung den durchschnittlichen Wohnungskäufer nicht abbildet. So berücksichtigt er zum Beispiel, daß „Dienstleistungen sozialer Einrichtungen“ in 2017 um 6,9% billiger wurden, eine Auswirkung des sog. „Pflegestärkungsgesetz II“. Rechnet man das heraus bzw. blickt auf die übrigen Einzelwerte, sieht es anders aus: Nahrungsmittel wurden in 2017 im Schnitt um 3% teurer, Verbrauchsgüter um 2,7%, Gesundheitsdienstleistungen um 3,4% und Strom um 3,1%. Die Öl- und Gaspreise schwanken immer mal wieder und sind deshalb meiner Ansicht nach kein aussagekräftiger Anhaltspunkt für langfristige Preisentwicklungen. Möchte man sie aber einbeziehen, so waren Kraftstoffe um 6% teurer als im Jahr zuvor und leichtes Heizöl sogar 16%. Gas war hingegen in 2017 etwas billiger (- 2,8%).

Alles in allem liegt die reale Inflation (ohne Dienstleistungen sozialer Einrichtungen) also eher bei 3%. Focus online hat im Dezember mit dem Inflationsrechner des statistischen Bundesamtes die „persönlichen Inflationsraten“ bestimmter Bevölkerungsgruppen untersucht und kam zu dem Ergebnis, daß sie zum Beispiel bei Rentnern bei 2,5% und bei Familien bei 2,8% liegt. Die klassischen Wohnungskäufer sind junge Familien; die 2,8% beinhalten allerdings keinen Wohnungskauf, man kauft sich ja nicht jedes Jahr eine neue Wohnung. Die Preise für Wohnungen stiegen in Berlin in 2017 außerhalb der Innenstadt laut Deutscher Bank im Schnitt um 10%, die Mieten um 11%.

Durch einen Zins unter Inflation bekommt man als Kreditschuldner fortlaufend Geld geschenkt!

Setzt man den Zins auf einen Kredit für den Wohnungskauf ins Verhältnis zur Inflation, wird sichtbar, daß die Kreditaufnahme bedeutet, daß man permanent Geld geschenkt bekommt, und zwar umso mehr, je höher der Kredit ist. Ein Darlehen über 500.000 Euro kostet bei 1,5% Zins jährlich 7.500 Euro = 625 Euro im Monat. Das Geld entwertet sich aber offiziell mit 1,8% im Jahr = 9.000 Euro = 750 Euro im Monat. Man zahlt also 625 Euro und erhält eine Kreditentwertung um 750 Euro. Rechnet man mit der Inflationsrate einer Familie von 2,8%, so entwerten sich 500.000 Euro im Jahr um 14.000 Euro = 1.167 Euro monatlich. Die Familie zahlt also 625 Euro monatlich Zins, der wirtschaftliche Wert des Darlehens reduziert sich aber um 1.167 Euro. Das sind 542 Euro im Monat geschenkt, vor Tilgung.

Auf Sicht der Zinsfestschreibung von 10 Jahren ist der Unterschied sehr deutlich. 2,8% Inflationsrate pro Jahr sind 28% in 10 Jahren. Bei einem Kredit über 500.000 Euro sind das stattliche 140.000 Euro. Das ist Geld, das die Familie zwar nominell zurückzahlen muß, faktisch aber geschenkt bekommt, weil Geld nach 10 Jahren eben in diesem Umfang weniger wert ist als bei Kreditbeginn und es deshalb nominell nach 10 Jahren dem Verhältnis entsprechend leichter zu erwirtschaften ist.

Der wirtschaftliche Vorteil beläuft sich allerdings nur dann auf 140.000 Euro, wenn die Familie die 500.000 Euro für den Warenkorb des Verbraucherpreisindex verwenden würde. Das tut sie nicht, sondern sie kauft davon eine Wohnung. Bei jährlichen Wohnungspreissteigerungen von aktuell 10% ist die Wohnung bei Kreditende etwa doppelt so teuer wie heute. In der Tat hat die Deutsche Bank in dem oben bereits verlinkten Research-Bericht ermittelt, daß die Wohnungspreise seit 2009, also in den letzten 8 bis 9 Jahren, in Berlin um rund 80% gestiegen sind. In unserem Rechenbeispiel bedeutet das, daß die Familie einen Kredit über 500.000 Euro aufgenommen hat, der nach 10 Jahren nur noch einen wirtschaftlichen Wert von 360.000 Euro hat, dafür aber eine Wohnung im Wert von 1 Mio Euro besitzt. Die Kreditaufnahme hat also einen Mehrwert von 640.000 Euro gebracht, das ist mehr als der Nominalbetrag des Kredits selbst, und das innerhalb von nur 10 Jahren!

Wenn man jetzt noch bedenkt, daß ein Vermieter die Miete alle 3 Jahre um 15% erhöhen kann, § 558 BGB, dann sollte die Entscheidung zwischen Mieten einerseits und Kaufen andererseits nicht mehr allzu schwer fallen.

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