Hier adressieren die Koalitionäre etwas wichtiges und sehr praxisrelevantes. Wohnungseigentumsrecht und Mietrecht passen oft nicht zueinander. Beispielsweise bestimmt § 556a BGB für die Abrechnung von Betriebskosten im Mietrecht:
„Haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen. Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, sind nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt.“
Das bedeutet, daß eine Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter nach Wohnfläche, also qm, verteilt wird. Wenn das Haus 1.200 qm groß ist und die Wohnung davon 120 qm, dann verteilen sich auf den Mieter 10% der Kosten.
Bei Wohnungseigentum ist das anders. Hier bestimmt § 16 WEG:
„Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen.
Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile.“
Die Kosten bei Wohnungseigentum verteilen sich also nach den sog. Miteigentumsanteilen. Diese können, müssen aber nicht deckungsgleich sein mit den Flächenanteilen. So bemisst sich die Wohnfläche beispielsweise vielleicht nach der WohnflächenVO. Hiernach sind Bereiche unter Dachschrägen gar nicht oder zur Hälfte anzusetzen, je nach der lichten Höhe unterhalb der Schräge. Gleiches gilt für innenliegende Treppen. Balkone oder Terrassen zählen zu einem Viertel bis zur Hälfte, kleinere Vorsprünge unter Heizungen oder Ecknischen o.ä. möglicherweise gar nicht. All das spielt bei der Zuweisung von Miteigentumsanteilen keine Rolle, sie kann in Anlehnung an die Grundfläche oder Flächenberechnung nach DIN oder nach anderen Kriterien erfolgen und auch Keller haben mitunter einen Anteil, ohne zugleich Wohnfläche zu sein. Die 120 qm Wohnfläche im obigen Beispiel sind vielleicht 147 qm Grundfläche. Da die Wohnung zudem als einzige 3 Keller zugewiesen erhält, legt der Aufteiler den MEA-Anteil mit 120/1.000stel fest (statt mit 100/1.000stel = 10%).
Sodann können sich Wohnungsgrößen im Laufe der Zeit ändern – durch Anbau von Balkonen, durch Flächenerweiterungen im Dachgeschoß, durch interne Stellwände oder Abriss dieser. Um solcherlei als Möglichkeit für spätere Umbauten in der WEG anzulegen, können Miteigentumsanteile überproportional gestaltet sein. Ebenso können sie verkleinert angelegt werden, etwa wenn der Aufteiler die Dachgeschoßwohnung nicht verkaufen, sondern selbst darin wohnen, seine anteiligen Kosten aber reduzieren will: dann weist er der DG-Wohnung einen geringeren Miteigentumsanteil zu und auf alle übrigen Wohnungen proportional etwas mehr. Ob das fair ist oder nicht und ob es hierauf ausgerichteten Prozessen stand hält oder für künftige Abrechnungszeiträume geändert wird, sei einmal dahingestellt; so lange es nicht rechtskräftig abgeändert ist, gilt es.
Schließlich können die Wohnungseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen den Verteilerschlüssel durch Beschluß für noch nicht abgeschlossene / abgerechnete Zeiträume ändern, also teilweise rückwirkend. Im Mietrecht sind Änderungen ebenfalls möglich, allerdings unter anderen Voraussetzungen und nur für die Zukunft. Hier kann es zu erheblichen grundsätzlichen Abweichungen kommen.
Kurz gesagt: Kostenverteilung nach Mietrecht und Kostenverteilung nach Wohnungseigentumsrecht laufen unterschiedlich. Der Wohnungseigentümer erhält eine Jahresabrechnung der WEG, muß aber gegenüber seinem Mieter Betriebskosten abrechnen. Das ist entweder weniger, als er selbst zahlen muß (weil der Flächenschlüssel weniger Kosten ergibt als der MEA-Schlüssel), oder mehr (wenn es umgekehrt ist), oder vielleicht deckungsgleich. In seiner Betriebskostenabrechnung muß er aber zwingend den richtigen Schlüssel angeben, ansonsten ist sie zwar nicht formal unwirksam, aber inhaltlich falsch (BGH VIII ZR 115/04).
Außerdem muß der Vermieter innerhalb eines Jahres über die Betriebskosten abrechnen, ansonsten verliert er seinen Nachzahlungsanspruch (§ 556 Abs. 3 BGB). Es kann sein, daß die Jahresabrechnung der WEG ihm bis dahin gar nicht vorliegt. Das ist egal, die Jahresfrist gilt trotzdem (BGH VIII ZR 249/15 und VIII ZR 50/16).
Das bedeutet im Ergebnis, daß ein Vermieter einer Eigentumswohnung letztlich kaum so abrechnen kann, wie das Mietrecht es ihm vorschreibt. Eine Harmonisierung ist hier dringend notwendig.
Wenn wir uns genau ansehen, was die Koalitionäre beabsichtigen, kommen allerdings Zweifel, ob sie tatsächlich den großen Wurf wagen, oder ob es bei partiellen Ansätzen bleibt. Der Text im Koalitionsvertrag dazu lautet:
Wir werden die Regelungen des Wohnungseigentumsrechts reformieren und mit dem Mietrecht harmonisieren, um die Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer über bauliche Maßnahmen insbesondere in den Bereichen Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Förderung von Elektromobilität und Einbruchsschutz zu erleichtern.
Überarbeitet werden also die Regeln des Wohnungseigentumsrechts, nicht die des Mietrechts. Die Anpassungen sollen Beschlüsse zu baulichen Veränderungen erleichtern, die die vier Punkte 1. Barrierefreiheit, 2. energetische Sanierung, 3. Elektromobilität und 4. Einbruchsschutz betreffen. Das jährlich wiederkehrende Problem der Betriebskostenabrechnungen ist davon nicht adressiert.
Auch bei dem, was der Text des Koalitionsvertrags anspricht, gibt es Harmonisierungsbedarf. Ein Vermieter muß gemäß § 555c BGB eine Modernisierung drei Monate vorher ankündigen und dabei eine ganze Reihe von Angaben machen, die ihm so als Wohnungseigentümer vielleicht gar nicht vorliegen, weil nicht er die Arbeiten koordiniert und beauftragt, sondern die WEG (-Verwaltung). Wenn die WEG bestimmte Maßnahmen bestandskräftig beschlossen hat, muß er sie ermöglichen, während der Mieter sie in bestimmten Situationen nicht dulden muß (§ 555d Abs. 2 BGB). Der Wohnungseigentümer ist hier von zwei Seiten in der Zange: er hat Verpflichtungen gegenüber der WEG einerseits und gegenüber seinem Mieter andererseits, die sich gegenseitig jeweils rechtlich verbindlich ausschließen. Mit den heutigen Regeln ist das nicht sauber lösbar. Schließlich beißt sich am Ende auch noch die Abrechnung der Modernisierung. Wenn die WEG die Arbeiten teilweise aus der Instandhaltungsrücklage bezahlt, hat der Vermieter ein Problem, seinen Kostenanteil als Ausgabe gegenüber dem Mieter nachzuweisen. Hinzu kommt obiges Problem des Verteilerschlüssels – nach MEA oder nach qm oder nach einem anderen Maßstab, der mietrechtlich und wohnungseigentumsrechtlich nicht deckungsgleich sein muß.
Diese Probleme bestehen nicht nur bei energetischen Sanierungen oder den anderen drei im Koalitionsvertrag genannten Punkten, sondern immer dann, wenn die WEG modernisiert. Hoffen wir, daß hier keine Ausnahmeregelungen für Spezialbereiche geschaffen werden, sondern daß die Harmonisierung genereller Natur sein wird.
Wenn nun allerdings nur das WEG reformiert wird, nicht das Mietrecht, so wird der vermietende Wohnungseigentümer nicht aus der Zange entlassen. Denn die entsteht ja im wesentlichen dadurch, daß er der WEG gegenüber rechtliche Verpflichtungen hat, die er seinem Mieter gegenüber nicht durchsetzen kann. Wenn nun das ganze auf WEG-Seite noch weiter erleichtert wird, mietrechtlich aber nicht, dann verschärft sich das Problem für den vermietenden Wohnungseigentümer. Die WEG kann dann noch einfacher Beschlüsse zu solchen Modernisierungen in die Welt setzen, ohne daß es dem Wohnungseigentümer mietrechtlich einfacher wäre, das seinem Mieter gegenüber durchzusetzen. Das dürfte schwierig werden und jedenfalls keine „Harmonisierung“. Diese kann nur dann zustande kommen, wenn man auf Seiten der WEG die Möglichkeiten beseitigt, Modernisierungen zu beschließen, die bei einzelnen Mietern nicht durchsetzbar sind. Das ist das Gegenteil dessen, was der Koalitionsvertrag vorsieht. Also muß man im Mietrecht die Durchsetzbarkeit gegenüber den Mietern erleichtern. Ob das politisch opportun ist, werden wir sehen. Ich vermute, die SPD hatte etwas anderes im Sinn. Wir werden am Ende also entweder eine unausgegorene Neuregelung bekommen, die im wesentlichen dem Nachweis dient, daß die Politik etwas getan hat, oder – was im Vergleich hierzu besser wäre – gar keine.