Ob eine Mieterhöhung möglich ist oder zu welchem Preis neu vermietet werden darf, hängt vom Mietspiegel ab. Eins der Kriterien in Berlin ist, ob es einen Fahrradständer gibt oder nicht. Aber nicht jeder Fahrradständer zählt als wohnwerterhöhend. Um diese Unterschiede geht es nachstehend.
1. allgemein
Innerhalb des jeweiligen Tabellenfelds zum Berliner Mietspiegel 2017 gibt es eine Mietspanne, vom sog. Unterwert über den Mittelwert zum Oberwert. Wo genau innerhalb dieser Spanne eine Wohnung einzuordnen ist, schätzen die Gerichte unter Zuhilfenahme der sog. „Spanneneinordnung“. Darin gibt es fünf Gruppen von Merkmalen und innerhalb dieser negative und positive Kriterien. Liegt keins vor, ist die Merkmalgruppe neutral, also weder erhöhend noch senkend, jeweils vom Mittelwert aus gerechnet.
Das erste positive (= wohnwerterhöhende) Kriterium in der Merkmalgruppe 4 (Gebäude) lautet:
„Abschließbarer leicht zugänglicher Fahrradabstellraum innerhalb des Gebäudes oder Fahrradabstellplätze mit Anschließmöglichkeit außerhalb des Gebäudes auf dem Grundstück“
Nicht jedes Gebäude hat einen Fahrradabstellraum, aber für Stellplätze ist auf dem Hof idR. Platz und es reicht die „Anschließmöglichkeit“.
Das hat zu einer Diskussion darüber geführt, wie sicher die Anschließmöglichkeit sein muß, d.h. ob ein ganz einfacher sog. Felgenkiller ausreicht, falls nicht ob es zumindest ein sog. Standparker sein kann, oder ob es so etwas sein muß.
2. Urteil des Berliner Landgerichts
Das Landgericht Berlin entschied sich für letzteres (Urteil vom 12.09.2018 zum Az. 67 S 152/18):
„Die im streitgegenständlichen Objekt vorhandenen Fahrradständer sind aufgrund ihrer tatsächlichen Gestaltung … nicht als wohnwerterhöhendes Merkmal i.S. der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung zu qualifizieren.
… [Hier] handelt es sich um solche, bei denen bestimmungsgemäß eine (Vorder-) Radeinstellung in entsprechende Einstellbügel erfolgt. Es handelt sich nicht um Fahrradständer mit sog. Anlehnbügeln, die (bestimmungsgemäß) ein Anschließen des Fahrradrahmens ermöglichen. Zwar lässt es der entsprechende Wortlaut der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung genügen, dass auf dem Grundstück „Fahrradabstellplätze mit Anschließmöglichkeit“ vorhanden sind. Dieses Kriterium erfüllen die vorhandenen Fahrradständer unstreitig. Die Orientierungshilfe für die Spanneinordnung legt allerdings fest, dass ein wohnwerterhöhendes Merkmal nur dann vorliegt, wenn entweder das Gebäude über einen abschließbaren Fahrradabstellraum verfügt oder auf dem Grundstück Abstellplätze mit Anschlussmöglichkeit vorhanden sind. Aus einer systematischen und nach Sinn und Zweck erfolgenden Betrachtung der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung folgt daher, dass Fahrradabstellplätze mit Anschlussmöglichkeit nur dann als wohnwerterhöhendes Merkmal zu qualifizieren sind, wenn sie zumindest einen Diebstahlschutz aufweisen, der dem eines abschließbaren Fahrradabstellraums zumindest gleichwertig ist (vgl. auch AG Schöneberg, Urt. v. 28.02.2018 – 14 C 139/17…). Anderenfalls fehlt es bereits an einer eine Mieterhöhung begründenden Wohnwerterhöhung für den jeweiligen Mieter, da entsprechende Fahrradabstellplätze zwar ein geordnetes Abstellen der mietereigenen Fahrräder ermöglichen, darüber hinaus jedoch keine besonderen Qualitäten bieten, wie sie mit einem abschließbaren Fahrradabstellraum, der grundsätzlich für objektfremde Personen nicht zugänglich ist, verbunden sind. Ein hinreichender Diebstahlschutz ist jedoch bei Fahrradständern mit bloßer Radeinschubmöglichkeit nicht gegeben, da bei diesen eine Anschließen des Fahrradrahmens am Fahrradständer – jedenfalls bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch – nicht möglich ist (siehe AG Schöneberg, a.a.O.). Nur eine solche Möglichkeit könnte jedoch eine hinreichende Diebstahlschutzwirkung entfalten, da durch die bloße Sicherung des (Vorder-) Rades am Einstellbügel und die verhältnismäßig leichte Lösbarkeit von Fahrradreifen ein Diebstahl des „Restfahrrades“ leichter erfolgen kann, als bei einem am Rahmen gesicherten Fahrrad … . Dass bei den streitgegenständlichen Fahrradständern – etwa durch den Einsatz von sog. Spiralschlössern o.ä. – auch ein Anschließen des Fahrradrahmen erfolgen kann …, ist unerheblich, da für die Frage einer Wohnwerterhöhung nur auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Fahrradständer abzustellen ist.
3. Ergebnis
Eine Vorderradständer mit Öse ist also nicht genug, selbst wenn man mit einem langen Schloß den Rahmen daran irgendwie auch befestigen könnte.
Immerhin: auf eine Überdachung kommt es – im Mietspiegel 2017 – noch nicht an.
Buchhinweis
Die Rechtsprechung zu den Berliner Mietspiegeln der letzten 10 Jahre, sortiert nach den einzelnen Merkmalen der Spanneneinordnung, habe ich in dem im Grundeigentumsverlag erschienenen Handbuch zusammengestellt. Darin läßt sich nachlesen, welche Ausstattungen die Gerichte wie beurteilt haben – sozusagen ein Feintuning etwaig von Ihnen geplanter Maßnahmen.
Artikelreihe zum Mietspiegel
Wie man die einzelnen Merkmalsgruppen kostengünstig optimieren kann, behandle ich in dieser Reihe: