der geschützte Personenkreis
Wegen Eigenbedarf kündigen können Sie nicht nur für sich selbst als Eigentümer, sondern auch für andere. § 573 Abs. 2 Ziffer 2 BGB definiert das berechtigte Interesse des Vermieter weit, nämlich wenn er
„die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt“.
Es gibt also drei Kategorien: „sich“ ist der Vermieter selbst, „Familienangehörige“ ist die Familie und „Angehörige seines Haushalts“ ist zum Beispiel ein AuPair oder die polnische Pflegekraft, die beim Vermieter wohnt.
„Sich“
Wenn mehrere Personen vermieten, dann reicht es, wenn einer von ihnen Bedarf hat. Der klassische Fall ist das Getrenntleben von Ehegatten, denen die Immobilie gemeinsam gehört.
Man muß natürlich genau differenzieren, wer „Vermieter“ ist. Wenn Eltern ihren Kindern das Eigentum schon zu Lebzeiten übertragen, sich aber den Nießbrauch (d.h. die wirtschaftliche Verwertung) vorbehalten haben, dann sind die Eltern der Vermieter, nicht der Eigentümer (§ 567 BGB).
„Vermieter“ sind Sie erst mit Eintragung im Grundbuch. Ein Erwerber kann davor nicht kündigen, und zwar auch nicht mit Vollmacht des Noch-Eigentümers: der Vermieter, d.h. der Noch-Eigentümer, hat keinen Eigenbedarf und der Erwerber gehört nicht zum geschützten Personenkreis, solange er nicht im Grundbuch eingetragen und damit Vermieter ist.
Juristische Personen (GmbH, AG) oder Vereine können nicht selbst wohnen. Allerdings kann eine Personenhandelsgesellschaft (oHG, KG) Bedarf daran haben, daß einer ihrer Gesellschafter wohnt, und zwar wenn das aus betrieblichen Gründen erforderlich ist (sog. „Betriebsbedarf“). Das werde ich in einem separaten Beitrag erörtern.
Eine GbR wird vom BGH wie eine Vermietermehrheit behandelt, sie kann deshalb wegen Eigenbedarfs eines ihrer Gesellschafter kündigen. Voraussetzung ist allerdings, daß diese Person bei Abschluß des Mietvertrags schon Gesellschafter war (BGH VIII ZR 271/06).
„seine Familienangehörigen“
Über einige Generationen sind wir alle irgendwie miteinander verwandt oder verschwägert, deshalb muß man irgendwo eine Grenze ziehen. Die ist aber sehr weit.
Eine Definition wurde (zu anderen Zwecken) in § 8 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes versucht, darauf wird häufig verwiesen. Als familienangehörig gelten dort
- der Ehegatte,
- Verwandte in gerader Linie,
- Verwandte zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie,
- Verschwägerte in gerader Linie,
- Verschwägerte zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie,
- Pflegekinder ohne Rücksicht auf ihr Alter und Pflegeeltern.
In der Literatur wird das teilweise als zu weitgehend kritisiert.
Der BGH lehnt sich an die Regelungen über das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen an (§ 383 ZPO, § 52 StPO). Danach gehören zu den privilegierten Personen
- der Verlobte
- der Ehegatte
- der ehemalige Ehegatte
- der Lebenspartner
- der ehemalige Lebenspartner
- Verwandte in gerader Linie
- Verschwägerte in gerader Linie
- ehemalige Verschwägerte in gerader Linie
- Verwandte in der Seitenlinie bis zum dritten Grad
- Verschwägerte in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad
- ehemalige Verschwägerte in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad.
Allerdings gilt das nicht uneingeschränkt. Das Gericht muß prüfen, ob die Nähe der Person zum Eigentümer so eng ist, daß eine Privilegierung gerechtfertigt ist. Die Regelungen über das Zeugnisverweigerungsrecht geben dem BGH zufolge (VIII ZR 159/09) nur einen Anknüpfungspunkt für die Annahme einer engen sozialen Bindung, die er als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Eigenbedarfsprivilegierung begreift. Je weiter entfernt die betreffende Person in Verwandschaftsgraden steht, desto mehr muß zur persönlichen Nähebeziehung in der Kündigung und im Prozeß vorgetragen werden. Bei Verlobten, dem geschiedenen Ehegatten, dem früheren Lebensgefährten oder dem ehemaligen Schwager ist die Luft also dünn und das Gericht kann die Privilegierung im Einzelfall verneinen.
Sicher privilegiert sind jedenfalls der Ehegatte, die in gerader Linie Verwandte und Verschwägerte, also Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Urenkel, und Verwandte in der Seitenlinie bis zum genannten Grad, also Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegereltern und Schwager. Ebenso wurde von den Gerichten der Stiefsohn und die Stieftochter anerkannt, aber auch einmal abgelehnt – es kommt eben hier auf den konkreten Sachverhalt an.
„Angehörige seines Haushalts“
Zu den Haushaltsangehörigen gehören alle Familienmitglieder und sonstigen Personen, die auf Dauer angelegt mit dem Vermieter häuslich zusammenleben, d.h. auch Pflege- und Stiefkinder, Wahlverwandte, Hausgehilfen, Pfleger, Arbeitnehmer, AuPair usw. Ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme einer Pflegeperson setzt nicht voraus, daß sie schon beim Vermieter wohnt: entsteht zusätzlicher Raumbedarf, weil der Vermieter eine bisher nicht in seinem Haushalt lebende Person als Haushaltsgehilfin, Pflegerin oder Hausmeister in seinen eigenen Haushalt aufnehmen und deshalb eine größere Wohnung beziehen will, liegt ein Eigenbedarf vor. Soll die betreffende Person eine eigene Wohnung außerhalb der Vermieterwohnung beziehen, ist Eigenbedarf nur dann gegeben, wenn sie bislang im Vermieterhaushalt untergebracht war.
Kündigung und Prozeß durch einen Anwalt
Eigenbedarfskündigungen sind anspruchsvoll und es hängt viel davon ab, daß sie korrekt erarbeitet werden. Deshalb empfehle ich im Regelfall, das nicht selbst zu tun, sondern einen Anwalt damit zu beauftragen, auch wenn das Kündigungsschreiben von einer etwa bestehenden Rechtsschutzversicherung nicht abgedeckt ist. Die anwaltlichen Gebühren sind günstiger als ein wegen Formfehlern oder Begründungsmängeln verlorener Prozeß.
In meiner Kanzlei haben wir regelmäßig mit Eigenbedarfsangelegenheiten zu tun und vertreten Sie bei Bedarf zeitnah und qualifiziert. Welche Unterlagen wir von Ihnen benötigen, finden Sie hier.
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