Berlin ohne Mietspiegel

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Der aktuelle Berliner Mietspiegel 2019 wird vorerst der letzte sein.

Denn der Berliner Senat möchte einen Mietendeckel einführen, in dessen Rahmen dann ohnehin keine Mietspiegel-Erhöhungen mehr möglich sein sollen. Deshalb wurde entschieden, eine Ausschreibung für den nächsten Mietspiegel 2021 zu unterlassen.

Diese wäre jetzt in 2019 nötig gewesen, um Struktur, Datenerhebung etc. so weit vorzubereiten, daß rechtzeitig zum nächsten Durchlauf mit der Arbeit begonnen werden kann. Selbst wenn in ein oder zwei Jahren durch Gerichte geklärt wird, daß keine Gesetzgebungskompetenz für einen regionalen Mietendeckel bestand und die Rechtssetzung dazu nichtig ist, wird es in 2021 keinen Mietspiegel geben, weil er nicht rechtzeitig vorbereitet werden konnte.

Nach § 558c Abs. 3 BGB sollen Mietspiegel im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden. Nach § 558d Abs. 3 BGB gilt ein Mietspiegel nur in diesem Zeitfenster als qualifiziert mit der Folge, daß nur dann vermutet werden kann, daß die in ihm wiedergegebenen Werte noch zutreffen.

Die Konsequenz ist, daß die Wohnungswirtschaft ab Juni 2021 ein anderes Begründungsmittel braucht.

Das kann (nach § 558a BGB) ein Sachverständigengutachten sein (teuer) oder Vergleichswohnungen (die im Prozeß wiederum ein Sachverständigengutachten erforderlich machen) oder: eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e BGB).

Damit gibt der Senat sein wichtigstes Steuerungsinstrument für die Einflußnahme auf Mieten in der Stadt preis!

Im Mietspiegel 2019 (wie auch in den vorhergehenden) sind diverse statistische Entscheidungen enthalten, die zu einer Absenkung der ausgewiesenen Werte führen. Der Mittelwert eines Feldes ist bspw. der sog. Median, also der mittlere Datensatz aus der erhobenen Zahl der Datensätze. Sind in einem Feld 100 Daten erhoben, so ist der Median der Datensatz Nr. 50. Unabhängig von seiner Miethöhe ist das der im Mietspiegel ausgewiesene Mittelwert. Das kann man so machen. Man könnte statt dessen aber auch den Durchschnitt ansetzen. Die Statistiker in der Arbeitsgruppe haben uns wiederholt darauf hingewiesen, daß der Ansatz des Median zu deutlich abgesenkten Werten führt. Ich habe das nicht für alle Felder nachgerechnet, aber in denen, in denen ich es tat, läge der Mittelwert des Durchschnitts zwischen 20 und 30% höher, als die Tabelle ausweist.

Sodann wurden die erhobenen Werte um 25% gekappt – auch das nicht rechnerisch, sondern an der Zahl der Datensätze. Wurden 100 Werte in einem Feld erhoben, hat man die oberen 12 und die unteren 12 gestrichen. Eine wissenschaftliche Begründung dafür gibt es nicht, der Hinweis in den amtlichen Erläuterungen (in Ziffer 4 Abs. 6) ist in viel Text versteckt. Nun liegen die Neuvertragsmieten idR. am oberen Ende der Spannen. Man hat auf diese Weise die Gewichtung zwischen Altmietveränderungen und Neuvertragsabschlüssen zugunsten der ersteren verschoben, was insgesamt zu einem deutlich niedrigeren Ausweis der Beträge führt. In einigen Fällen sind die Oberwerte um mehr als 4 Euro/qm niedriger als ohne diese Kappung, siehe z.B. das Feld F1 im Beitragsbild oben.

Des weiteren wurden im Mietspiegel 2019 die Wohnlagen stadtweit umgruppiert, und zwar in etwa 1/4 aller Fälle. Überwiegend sind untere Wohnlagen eine Stufe hochgerutscht. Das bedeutet, daß in die höherpreisigen Felder viele niedrige Werte eingehen, was den statistischen Durchschnitt absenkt. Der Sache nach ist die Wohnlagenumstufung richtig und nötig, statistisch verzerrt sie aber die Mietentwicklung nach unten.

Schließlich sind Mietspiegel im Zeitpunkt ihres Erscheines zeitlich schon veraltet. Der Erhebungsstichtag ist der 1. September des geraden Jahres, der Mietspiegel erscheint idR. im Mai des Folgejahres, also 9 Monate später. Die Mietentwicklung dieser 9 Monate ist darin nicht abgebildet. Nimmt man dann ein Jahr später eine Mieterhöhung oder Neuvermietung vor, arbeitet man mit Daten, die 1 Jahr und 9 Monate alt sind.

Wenn der Berliner Senat an der Mietspiegelerstellung nicht mehr mitwirkt, gibt er sein Mittel aus der Hand, in der vorbeschriebenen Weise die offiziellen Zahlen zu senken.

Auskunft aus einer (privaten) Mietdatenbank beseitigt politische Einflußnahme auf die Zahlen

Die Wohnungswirtschaft Berlins wird, wenn sie ab Juni 2021 noch Mieterhöhungen durchführen oder Neuvermietungen vornehmen will, eine Mietdatenbank aufbauen (müssen), die die Leerstelle des fehlenden Mietspiegels ersetzt. Statistische Weichenstellungen mit dem Ziel einer Werteabsenkung sind dort eher unwahrscheinlich. Auch Wohnlagen braucht es nicht: mit einer genügend großen Zahl von Datensätzen kann man einfach 100 vergleichbare Wohnungen aus einem Umkreis von z.B. 2 km auswerfen und daraus eine Spanne ableiten.

Damit man die Vergleichbarkeit der Wohnungen feststellen kann, braucht es im Grunde nur die Daten, die im Mietspiegel bisher feldbestimmend waren, also Baujahr und Wohnungsgröße, gekoppelt an eine Umkreisbeschränkung für die Lage, sowie das Datum, wann die in der Datenbank vermerkte Miete vereinbart/geändert worden ist. Auszuwerfen wären dann jeweils diejenigen Datensätze, die im Zeitpunkt der Abfrage nicht älter sind als 4 Jahre, und zwar unter Angabe einer Spanne (unterster/oberster Wert und Mittelwert als Durchschnitt). Wenn die Mietdatenbank automatisch oder manuell fortlaufend aktuell gehalten wird, arbeitet man mit hochaktuellen Datensätzen, die die Marktentwicklung ohne jede zeitliche Verzögerung und ohne statistische Verzerrungen darstellen.

Wenn eine solche Mietdatenbank erst einmal aufgebaut ist, wird es für den Senat schwer sein, dem irgendwann nach Auslaufen des Mietendeckels eine neue Mietspiegelstatistik entgegenzusetzen, die mit den alten statistischen Weichenstellungen arbeitet. Denn die Abweichungen in den Werten im Vergleich zur hochaktuellen Datenbank werden so auffällig sein, daß sich eine Glaubwürdigkeitsfrage stellt. Möglicherweise läßt sich das nicht mehr einfangen.

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