Interview mit Christopher Brée

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Herr Brée, Sie sind Vertriebsleiter beim ältesten Immobilienunternehmen Berlins, Artur Caesar Behrendt. Seit 1888 vermittelt ACB Immobilien. Wie sehen Sie aktuell den Berliner Immobilienmarkt?

In erster Linie spannend mit weiterhin viel Potenzial, aber auch anstrengend durch das politische Eingreifen in die Eigentumsrechte und natürlich generell in den Berliner Immobilienmarkt.

Anstrengend?

Wir spüren seit der Veröffentlichung des Vorhabens eine deutliche Verlangsamung in den Transaktionen, unsere Kunden wollen kaufen/verkaufen, die meisten können es aber aktuell nicht. Die Androhung, den Mietendeckel rückwirkend geltend zu machen, ist ein großes Problem.

Hat die Mietendeckel-Planung denn Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen Ihrer Kunden?

Das Problem derzeit ist nicht der Mietendeckel, das Problem ist die Ungewissheit. Keiner weiß, wird es ihn überhaupt geben und wenn ja, was beinhaltet er am Ende genau.

Grundsätzlich sind alle unsere Kunden in einer abwartenden Haltung, bis es eine endgültige Entscheidung geben wird. Einige unser Kunden ziehen sich derzeit aus Berlin zurück, andere – wie erwähnt – warten erst einmal ab und andere machen weiter, so dass wir auch aktuell Vermittlungserfolge verbuchen können.

Heißt das, dass Sie davon ausgehen, dass die Geschäfte wieder anziehen, wenn der Mietendeckel verabschiedet und in Kraft ist? Oder gehen Sie eher davon aus, dass sich diejenigen, die jetzt noch abwarten, dann auch aus Berlin zurückziehen?

Ich denke, es kommt darauf an, was am Ende genau verabschiedet wird. Dass der Berliner Immobilienmarkt abflacht, kann ich mir nicht vorstellen. Wir werden mit Sicherheit eine Veränderung spüren. Wie diese Änderungen aussehen werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzusehen.

Die Mietpreisbremse 2015 war ja auch schon ein deutlicher regulatorischer Eingriff. Warum werden die jetzigen Pläne so anders wahrgenommen?

Wenn ich mich an das letzte Quartal 2014 zurückerinnere, war unser Umfeld im Großen und Ganzen ebenso beunruhigt wie jetzt und hatte dieselben Befürchtungen. Allerdings – wenn wir die bestehende Mietpreisbremse und den Gesetzesentwurf vom Mietendeckel vergleichen, gibt es essenzielle Unterschiede. Die jetzt geplanten Eingrenzungen schränken sehr stark ein, und die Eigentümer riskieren eine hohe Geldstrafe bei Nichteinhaltung.

In den bestehenden Gesetzesentwürfen wird zu sehr pauschalisiert, wie zum Beispiel bei den nach Baujahr gestaffelten Einheitsmieten. Diese Idiotie ist kaum noch zu übertreffen! In Berlin besichtigen wir häufig Altbauten in Toplagen, die an ihrer eleganten Schönheit kaum zu übertreffen sind. Und diese sollen dann nur noch für ein paar Euro pro Quadratmeter vermietet werden dürfen? Das ist der falsche Weg und wird nicht annähernd das Problem lösen.

Das Absurde ist, dass es gar nicht beabsichtigt zu sein scheint, eine Lösung zu präsentieren. Viele gute Lösungsvorschläge, um die Wohnungsnot in den Griff zu bekommen, sind öffentlich bekannt. Es handelt sich hier um reine Politik und Angstmacherei mit dem Zweck, Wählerstimmen zu generieren!

Wie reagiert Ihr Unternehmen darauf?

Wir machen weiter wie bisher. Wir lassen uns nicht negativ beeinflussen. Grundsätzlich müssen wir genauso abwarten wie unsere Kunden. Aber wir telefonieren weiterhin unsere Kunden ab, gehen weiterhin besichtigen und versuchen weiterhin, die Objekte erfolgreich zu vermitteln. Solange wir nicht wissen, ob etwas – und wenn ja, was genau – auf uns zu kommt, können wir nicht wirklich reagieren.

In jeder Veränderung liegt mindestens eine Möglichkeit. Es liegt an uns, diese zu erkennen und zu nutzen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob der Mietendeckel den Wohnungsmarkt in Berlin regulieren wird oder ob dadurch die Preise nicht sogar weiter steigen werden. Der Wohnraummangel wird sich dadurch meiner Meinung nach sogar verschlimmern!

Warum?

Es werden nicht deutlich mehr Wohnungen gebaut, aber immer mehr Leute möchten nach Berlin ziehen. Die Leute ziehen immer seltener um, also auch seltener aus ihren Wohnungen aus. Die Eigentümer werden noch genauer darauf achten, wer bei ihnen einziehen möchte. Eine Wohnung zu finden, wird dadurch noch schwerer. Inwiefern, sich dann auch an den Mietendeckel gehalten wird, zeigt sich erst später. Ich weiß nicht, ob Berlin den Verwaltungsaufwand abdecken kann.

Anderes Thema: wie ist Ihre Perspektive auf Milieuschutzgebiete?

Die anhaltende Ausweisung neuer Erhaltungsgebiete hat in meinen Augen stark zur Preissteigerung in Berlin beigetragen. Sie führt zu einer Verknappung an Objekten auf dem Berliner Immobilienmarkt, und diese verursacht u.a. auch die Preissteigerung.

Es kommt mir persönlich so vor, als würde die Politik mit jedem Eingreifen noch mehr Schaden anrichten und die Probleme verschlimmern. Aber um Ihre Frage zu beantworten, es sieht so aus, als würde Berlin irgendwann zu einem flächendeckenden Milieuschutzgebiet erklärt werden.

Was müsste man Ihrer Einschätzung nach anders machen?

Die Politik müsste aufhören, sich einzumischen, dann hätten wir, was den Immobilienmarkt betrifft, keinen Wohnraummangel und keine so sehr überteuerten Preise.

Das Gegenargument dazu ist, dass die Politik sich nur deswegen einmischt, weil es ein Problem gibt, das ohne Einmischung entstanden ist. Wieso sollte sich das von selbst lösen?

Ich bin davon überzeugt, würde sich die Politik mit Regulierungen, d.h. Eigentumseinschränkungen, zurückhalten, hätten wir genügend Wohnraum, und der Mietpreis würde sich von selbst auf einem unproblematischen Niveau einpendeln. Angebot und Nachfrage – gibt es genügend Angebot, wird dort eingezogen, wo der Mietzins erträglich ist. Ich selbst bin Mieter und suche aktuell eine neue Mietwohnung, ich kann die Bürger verstehen. Es ist sehr schwer, etwas Passendes und Bezahlbares zu finden.

Die Lösungen sind doch schon bekannt: Es müssen deutlich mehr Baugenehmigungen erteilt werden – für Dachgeschossaufstockung, Verdichtungen und Neubauten.

Kennen Sie denn aktuell jemanden, der in nennenswertem Umfang Mietwohnungen in Berlin bauen möchte?

Es gibt genügend Unternehmen, die es angehen würden. Aber die Zeit zur Erteilung einer Baugenehmigung müsste deutlich verkürzt werden. Die Milliarden, die gerade ausgegeben werden für Vorkaufsrechtsausübung, könnten auch benutzt werden, um den Bauherrn für bezahlbare Mietwohnungen Steuererleichterungen oder höhere Zuschüsse/Darlehen zu ermöglichen.

Herr Brée, herzlichen Dank, daß Sie sich die Zeit für das Gespräch genommen haben.